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Grüne Starthilfe für den Solidarpakt

Die Verhandlungen über weitere Einsparungen im öffentlichen Dienst sollen nächste Woche nach monatelangem Gezerre beginnen. Die Grünen fordern ein „Geben und Nehmen“, um die Gewerkschaften nicht endgültig zu vergrätzen

Eine Woche vor dem ersten offiziellen Verhandlungstermin für einen Solidarpakt im öffentlichen Dienst bieten sich die Grünen als Starthelfer an. Bisherige Vorgespräche zwischen Senat und Gewerkschaften waren gescheitert. Vier Anträge ihrer Parlamentsfraktion sollen den Arbeitnehmervertretern das Gefühl geben, nicht nur einen einseitigen Sparkurs abzunicken. Fraktionschefin Sibyll Klotz sprach von einem „Geben und Nehmen“. Auf Gewerkschaftsseite reagierte man höflich interessiert, hielt die Grünen-Vorstellungen aber noch nicht für ganz ausgereift.

Der Solidarpakt, der über Stellenkürzungen hinaus 2002 und 2003 jeweils 250 Millionen Euro einsparen soll, ist zwar seit Herbst im Gespräch und im Haushaltsentwurf des Senats fest eingeplant. Verhandlungen gab es jedoch bislang nicht. Auch führende Stimmen in der Koalition machen dafür Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) verantwortlich. Er hatte die Arbeitnehmervertreter mehrfach mit Äußerungen über Arbeitsmoral und Überausstattung der Berliner Verwaltung verärgert und zuletzt auch seine Genossen vergrätzt. „Ich glaube nicht, dass wir mit öffentlichen Drohgebärden weiterkommen“, äußerte sich SPD-Landeschef Peter Strieder.

Grünen-Fraktionschefin Klotz bekannte sich gestern zu einem Solidarpakt – doch der dürfe keine „Einbahnstraße mit Namen Sarrazin“ sein. Als Gegenleistung für Zugeständnisse der Gewerkschaften wollen die Grünen etwa per Parlamentsbeschluss festschreiben lassen, dass das Land trotz aller Sparmaßnahmen weiter Azubis einstellt und nach ihrer Ausbildung zumindest übergangsweise beschäftigt. Dafür sollen vor allem Lehrer zurückstecken und auf Amts- und Stellenzulagen verzichten.

Über eine Bundesratsinitiative soll das Land nach Klotz’ Vorstellung erreichen, dass sich Gelder der Bundesanstalt für Arbeit für Personalabbau nutzen lassen. Außerdem wollen die Grünen festschreiben lassen, dass die Beschäftigten Überstunden nicht mehr ausbezahlt bekommen, sondern abfeiern müssen.

Nicht ganz durchdacht erscheint das Bernd Rissmann, Vize-Chef im Landesbezirk Berlin-Brandenburg des Deutschen Gewerkschaftsbunds. Was sei denn mit den Polizisten, die einen Berg an Überstunden vor sich herschieben würden? Die würden gerne abfeiern – „aber dann müsste man neues Personal einstellen, um das aufzufangen“, sagte Rissmann. Einsparungen bei der Krankenversicherung der Beamten, wie sie die Grünen über eine Gesetzesänderung verlangen, sind laut Rissmann hingegen längst Realität.

Rissmann wird Verhandlungsführer sein, wenn die Gewerkschaften am nächsten Dienstag mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zusammensitzen. Für zwei Stunden hat Wowereit per Fax ins Rote Rathaus geladen– „ohne jede Tagesordnung“, kritisiert Rissmann und fordert mehr Informationen. „Wir wollen wenigstens wissen, worum es genau gehen soll und mit wem wir sprechen.“ Das war gestern auch im Roten Rathaus noch unklar. „Die genauen Modalitäten sind noch nicht festgelegt, aber man wird sich ausreichend Zeit lassen“, sagte Vize-Senatssprecher Günter Kolodziej.

An dem Treffen will sich entgegen anders lautenden Meldungen auch die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di beteiligen. Ein ablehnender Beschluss des Landesvorstands zum Solidarpakt heiße nicht, dass man Gespräche boykottiere, sagte Ver.di-Sprecher Andreas Splanemann. „Wir haben mit unserem Beschluss klar gemacht, dass wir nicht über alles mit uns reden lassen.“ Das gelte vor allem für Einschnitte in geltendes Tarifrecht.

STEFAN ALBERTI

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