: Der Mann, der alle kannte
Rüstungslobbyist Karlheinz Schreiber versetzt die Union in Schrecken. Vom „Landschaftspfleger“ zum Nudelgastronom
Karlheinz Schreiber. Wer ist das? Es ist erstaunlich, dass sich diese Frage immer noch stellen und nicht wirklich beantworten lässt. Denn seit mehr als zwei Jahren sind alle hinter ihm her. Justiz, Politik, Medien. Und er selbst ist auch sehr geschwätzig. Gab und gibt pausenlos Interviews, in denen er große „Überraschungen“ ankündigt. Doch all diese Recherchen und Aussagen haben bisher nicht viel preisgegeben über den 68-jährigen Rüstungslobbyisten aus Kaufering, der als die Schlüsselfigur der CDU-Parteispendenaffäre gilt.
Fest steht, dass er ein enger Vertrauter von Franz Josef Strauß war, dem langjährigen bayerischen Ministerpräsidenten. Diese Freundschaft fanden viele Beobachter schon physisch nahe liegend: Waren sie doch beide klein und untersetzt, gehörten sie doch beide zu den agilen, zupackenden Machertypen. „Mach’ mer mol“ – diese bayerische Floskel war bei ihnen kein Klischee. Und so hatte Schreiber sogar die seltene Ehre, dass Strauß ihn mehrmals in seiner Villa besuchte – um sich gemeinsam auf der hauseigenen Kegelbahn zu messen. Ein sehr enges Verhältnis hatte Schreiber auch zum Strauß-Sohn Max. Ihn sollte der Rüstungslobbyist in die internationale Geschäftswelt einführen, wie Franz Josef Strauß dekretierte.
Geschenke erhalten bekanntlich eine Freundschaft: CSU-Mitglied Schreiber hat immer zugegeben, dass er seine Partei großzügig unterstütze. Aber das ist ja nicht strafbar. Schreiber kreierte dafür einen Begriff, der längst geflügeltes Wort geworden ist: „Landschaftspflege“.
Über die Jahre lernte Schreiber auch andere Personen des Strauß-Clans kennen. Dazu gehörte etwa Holger Pfahls, der als persönlicher Referent beim Ministerpräsidenten Strauß begann – und als flüchtiger Fahndungsfall endete. Dazwischen war er CSU-Staatssekretär für Rüstung im Bundesverteidigungsministerium. Und genau zu seiner Amtszeit, mitten im Golfkrieg, lieferte die Bundesrepublik 36 Thyssen-Spürpanzer nach Saudi-Arabien. 400 Millionen Mark umfasste das Gesamtgeschäft, davon flossen 219 Millionen als „Provisionen“. Wohin sie verschwunden sind, ist bis heute unklar. Wie viel hat Pfahls bekommen? Die CDU? Strauß-Sohn Max? Die CSU? Schreiber selbst? Und was wusste Stoiber, von dem Schreiber sagt, er sei immer „auf einer Schleimspur hinter Strauß hergekrochen“?
Klar ist nur eines: Karlheinz Schreiber hat das Geschäft eingefädelt. Genauso wie viele andere zuvor, als etwa Airbusse nach Thailand und Kanada verhökert wurden. Aber diese Vermittlungstätigkeit ist ja auch nicht strafbar, wie Schreiber findet. Allerdings hat die Augsburger Staatsanwaltschaft im August 1999 einen internationalen Haftbefehl gegen ihn erwirkt – wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung und Untreue. Etwa 10 Millionen Euro wollen die deutschen Finanzämter von Schreiber haben, aber dagegen hat der natürlich längst geklagt.
Für die Zukunft hat er die Sparte wieder gewechselt. Einst hatte er seine Karriere mit einer Straßenmarkierungsfirma im kanadischen Alberta begonnen, jetzt beendet er sie als Besitzer einer Nudel-Fastfood-Kette in Toronto. Der Clou: Extra dünne Röhrennudeln garen in Spezialtöpfen nur eine Minute lang – das hat Schreiber selbst erfunden. Sein zweiter bleibender Einfall seit dem Begriff „Landschaftspflege“. ULRIKE HERRMANN
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