: Doch noch Minderheitenschutz
Nach langem Zögern wollen SPD und Grüne das Antidiskriminierungsgesetz nun doch vor der Bundestagswahl beschließen. Schutz von Juden und Muslimen aber noch unklar
FREIBURG taz ■ SPD und Grüne wollen das Antidiskriminierungsgesetz (ADG) nun doch noch vor der Wahl beschließen. Dies teilte gestern Volker Beck, rechtspolitischer Sprecher der Grünen, mit. Fraktionsspitzen und rot-grüne Rechtspolitiker sowie Justizministerin Herta Däubler-Gmelin hätten sich gestern entsprechend geeinigt.
Das ADG soll sicherstellen, dass Ausländer, Behinderte und Homosexuelle bei privaten Rechtsgeschäften nicht benachteiligt werden. Betroffene können klagen, wenn der Verdacht besteht, dass ein Vertrag über eine Wohnung oder eine Versicherung nur wegen der Zugehörigkeit zu einer Minderheit nicht zustande kam. Offen ist nach wie vor, ob das Gesetz auch eine Diskriminierung wegen der Religion erfassen soll.
Die katholische und evangelische Kirche hatten hiergegen protestiert. Sie wollen in ihren Sozialeinrichtungen auch weiterhin bevorzugt Mitglieder der eigenen Kirche aufnehmen. Darüber hinaus will vor allem die katholische Kirche, dass auch Privatpersonen, zum Beispiel Vermieter, nach der Religion diskriminieren dürfen. Deshalb tendierte die SPD zeitweise dahin, das Merkmal der Religion ganz aus dem Gesetz zu streichen.
„Wenn das Gesetz den Antisemitismus ignoriert, wäre es schlichtweg unglaubwürdig“, erklärte jedoch Michel Friedman, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, vor einer Woche im taz-Interview. Jetzt ist auch die SPD bezüglich der Religion wieder offen. Im Laufe der Woche soll nun ein Gespräch von SPD und Grünen mit den Kirchen und dem Zentralrat der Juden stattfinden. Dort will man sich auf eine Formulierung einigen, die den Tendenzschutz für religiöse Einrichtungen sichert, aber dennoch religiöse Minderheiten wie Juden und Muslime im Alltag schützt.
Das Antidiskriminierungsgesetz soll Mitte Juni im Bundestag beschlossen werden und ist im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig. CHRISTIAN RATH
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