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10 Mark Bestechungsgeld

■ Das Drama einer Zeugenaussage. Oder: Wenn ein Zeuge sich als Angeklagter fühlt. Wiederholte Bestechung in der Kfz-Zulassungsstelle wurde gestern nur milde geahndet

„Ist es vorgekommen, dass Sie in Formularen angekreuzt haben, dass alle Unterlagen zur Fahrzeugstilllegung vorgelegen haben, auch wenn der Kfz-Brief mal gefehlt hat, oder nicht?“, fragt Amtsrichter Ulrich Hoffmann den Zeugen zum dritten Mal, mittlerweile sichtlich genervt. „Ich kann es nicht mehr genau sagen, das waren alles Einzelfälle“, ist die mantraartig wiederholte Antwort des Zeugen Hans M. Der Richter setzt nach: „Erzählen sie mir nicht so einen Stuss von Einzelfällen. Ich frage Sie ganz allgemein, bei Einzelfällen sind wir noch gar nicht.“

Angeklagt war gestern aber nicht der so zur Aussage Gedrängte, sondern der Autohändler Ernst August M. – und zwar wegen Bestechung: Er soll dem in der Kfz-Zulassungsstelle Bremen-Mitte tätigen Zeugen in vierzehn Fällen zehn Mark dafür gegeben haben, dass der für ihn Autos vorübergehend abmeldete, ohne dass alle dafür notwendigen Unterlagen vorhanden waren: Mal fehlten die Nummernschilder, mal der Kfz-Brief, der hätte abgestempelt werden müssen – möglicherweise weil die Autos, um die es ging, sich längst im polnischen Szczecin befanden oder gar schon Richtung Russland weiter verkauft waren.

Die Aussage des Zeugen gegen einen seiner möglichen Zehn-Mark-Amigos, Ernst August M., entwickelte sich zu einem kleinen Drama. Obwohl die Ermittlungen gegen den ehemaligen Auto-Zulasser schon im vergangenen November mit einer Verurteilung zu einem Jahr Knast auf Bewährung zu Ende gegangen waren, hätte er offensichtlich am liebsten die Aussage verweigert. „Mein Anwalt hat mir gesagt, dass ich nur auf Fragen antworten soll, die sich auf Herrn M. beziehen. Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie jetzt wieder nach mir fragen“, schaltete der Zeuge auf stur. „Was ich Sie frage, müssen sie schon mir überlassen“, ärgerte sich Richter Hoffmann. Ob es daran lag, dass der Zeuge demselben Richter gegenüber saß, vor dem er sich schon als Angeklagter verantworten musste, lässt sich nicht sagen.

Er konnte oder wollte sich kaum noch an die Ereignisse des Jahres 1997 erinnern: „Ich weiß nicht mehr, wie viele Schachteln Zigaretten ich von Herrn M. bekommen habe. Wenn ich jetzt zehn Schachteln sage, glauben Sie mir sowieso nicht“, trotzte er dem Richter. „Was soll ich denn sagen? Schreiben Sie doch hundert Stangen auf, ist mir egal.“ Der Richter quittierte diesen Trotz mit der Ermahnung, dass er als Zeuge keine Falschaussage machen dürfe. Wenn er so weiter mache, habe er gleich das nächste Ermittlungsverfahren am Hals. „Und wenn Sie hier innerhalb ihrer Bewährungsfrist eine uneidliche Falschaussage machen, dann gehen Sie für ein Jahr nach Oslebshausen. Da würden Sie untergehen.“

Nach einer Unterbrechung entschied sich Richter Hoffmann für eine Verfahrenseinstellung gegen Ernst August M.: Ihm eine relativ geringe Schuld nachzuweisen, wäre sehr aufwändig geworden. Darüber hinaus sah das Gericht den Zeugen offensichtlich in Gefahr, sich um Kopf und Kragen zu reden, weil er möglicherweise nicht glauben konnte, dass er gar nicht angeklagt ist. Für den tatsächlich Angeklagten bringt die Verfahrenseinstellung eine Geldbuße von 600 Euro mit sich, jedoch keinen Eintrag ins Strafregister. Gleich zwei „blaue Augen“also, eines für den Angeklagten und das andere für den Zeugen.

ube

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