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BUNDESRAT WILL SICHERUNGSVERWAHRUNG AUCH BEI VERMÖGENSDELIKTENTaschendiebe sind keine Zeitbomben

Im Zweifel geht man gerne auf „Nummer Sicher“. Und so verlangen wir die Sicherheit von Kraftwerken, Radwegen und Kondomen. Am liebsten natürlich zu 100 Prozent, denn jedes Restrisiko halten wir für eine Zumutung. Verantwortlich ist natürlich der Staat, der in unser aller Namen Kraftwerksbauer, Radwegeplaner und Kondomhersteller überwachen soll.

Problematisch ist dieser Anspruch aber in der Kriminalpolitik. Denn dort sind es Menschen, von denen die Gefahr ausgeht. Während wir bei Maschinen und Anlagen leicht eine Extraportion Sicherheit verlangen können, ist das bei unseren Mitbürgern nicht so einfach. Wir können schließlich nicht jeden einsperren, von dem wir vermuten, dass er irgendwann eine Straftat begehen wird.

Als „letzte Notmaßnahme der Kriminalpolitik“, so der Bundesgerichtshof, gibt es aber die Sicherungsverwahrung. In Deutschland bleibt ein Straftäter auch nach Verbüßung seiner Strafe in Haft – um die Bevölkerung vor weiteren Straftaten zu schützen. Neben rund 60.000 Strafgefangenen sitzen derzeit etwa 250 Menschen in Sicherungsverwahrung. Das Verhältnis von 240:1 unterstreicht den Ausnahmecharakter dieser Maßnahme.

Kurz vor den Wahlen sind nun alle Parteien außer der PDS dafür, die Sicherungsverwahrung auszuweiten. Auch bei Straftätern, deren Gefährlichkeit sich erst in der Haftzeit erweist, soll die Entlassung verhindert werden können. Man dürfe keine „tickenden Zeitbomben“ auf die Bevölkerung loslassen, so das allgegenwärtige Argument.

Aber wer ist nach den vorliegenden Gesetzentwürfen eine menschliche Zeitbombe? Im Vorschlag der Bundesregierung, der gestern im Kabinett bekräftigt wurde, sind es insbesondere Gewalt- und Sexualverbrecher. Im Entwurf des Bundesrats sind dagegen auch Täter erfasst, die nur Vermögensdelikte begangen haben und wieder zu begehen drohen. Hier wird die eigene Rhetorik, die Bürger vor gefährlichen Gewalttätern schützen zu wollen, offensichtlich wenig ernst genommen.

Zugleich macht der Fauxpas des Bundesrates aber deutlich, dass auch bei der bisher üblichen Sicherungsverwahrung keineswegs nur Gewaltverbrecher erfasst werden. Vielmehr könnten unter den 250 jetzt schon Verwahrten durchaus auch Seriendiebe, Hochstapler und Bilanzfälscher sein. Wie viele es sind, weiß die Bundesregierung nicht und es interessiert sie auch nicht.

Das ist ein Fehler. Je häufiger die Sicherungsverwahrung angewandt wird, umso dringender muss garantiert werden, dass dieses Notinstrument wirklich nur als Ultima Ratio bei eindeutiger Gefahr für Leib und Leben eingesetzt wird. Alles andere ist unverhältnismäßig. CHRISTIAN RATH

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