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Milbradt gibt sich feudal

Regierungserklärung von Sachsens Landeschef hätte auch die FDP schreiben können

DRESDEN taz ■ „Es bleibt alles ganz anders!“ Dieser DDR-Slogan trifft den Tenor der gestrigen Regierungserklärung des neuen sächsischen Ministerpräsidenten. Georg Milbradt knüpfte nahtlos an den letzten Auftritt seines Vorgängers Kurt Biedenkopf an. Er setzt dessen Symbolik des Gelobten Landes fort, will Sachsen „zu einer führenden Region in der Mitte Europas entwickeln“. Der Weg dahin führt auch für Milbradt über eine auf Zukunftstechnologien gerichtete exportorientierte Wirtschaft, aber auch über das Abschaffen aller das freie Unternehmertum hemmenden Regeln. In seinen Appellen zu mehr Verantwortung des Einzelnen trotz sinkender Reallöhne und in den Attacken gegen Tariftreue übertraf Milbradt Biedenkopf.

Oppositionsführer Peter Porsch von der PDS geißelte diese Ausführungen scharf. Das Neue in Sachsen bestehe darin, die letzten Hemmungen gegenüber neoliberalen Thesen fallen zu lassen und dem Grundsatz zu folgen: „Der Mensch ist für die Wirtschaft da.“ Milbradts Aufstand gegen die „Reste der Kultur eines Königshofs“ weiche nun einer „großbäuerlichen Haltung zu Besitz und Mensch“. Milbradt habe ferner verschwiegen, dass Sachsen hinsichtlich der Wirtschaftsdaten ins ostdeutsche Mittelfeld zurückgefallen sei. SPD-Fraktionschef Thomas Jurk fragte, woran die Verwirklichung Milbradt’scher Vorhaben gescheitert sei, da er doch zehn Jahre lang Finanzminister war. Er bleibe im Übrigen auch nach dieser Regierungserklärung der „pfennigfuchsende Haushälter“. Seine Ausführungen zu Bildung und Familie hatte Milbradt nach Allgemeinplätzen über Umwelt und Städtebau ins letzte Viertel seines Regierungsprogramms verbannt. MICHAEL BARTSCH

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