piwik no script img

Fidele Schrumpeltönchen

Zwischen Quietsch und Wumm: „Dat Politics“ und andere feiern am Sonntag das siebenjährige Jubiläum von MFOC

Dat Politics sind drei Kunststudenten aus der französischen Industriestadt Lille. Inzwischen machen sie eher eine Art Häckselpop, aber immerhin mittels „cut up, Collage and Bricolage“, wie sie sagen. Mit Hilfe dieser – in der bildenden Kunst durchaus geläufigen – Techniken basteln sie süße Kindermelodien mit beatlastigen Frickelsounds zusammen und benutzen dazu die längst vergessene deutsche Software „Sound Club“, eigentlich zur Erstellung von Soundtracks für PC-Games gedacht. Ihre Entdeckung war 1999 für die damalige Fünferbande das freudige Ereignis, dass ihr Projekt begründete.

Ihre Arbeitsweise lässt Dat Politics schnell in die Genrelücke namens „Laptop-Pop“ fallen, aber ihre Feierlaune passt nicht recht zum Klischee: Sie sind keine scheuen Nerds, die zurückgezogen am Theoriegebäude ihrer vergeistigten Abstrakt-Elektronik feilen und minimalistisch entschlackt, frei von allem Irdischen, experimentell Konzipiertes produzieren. Stattdessen fertigen sie fidele Schrumpeltönchen mit Kunstattitüde zwischen Quietsch und Wumm, inspiriert von japanischem Noise, englischem Pop und dem Minimalismus Steve Reichs. Sie wollen zurück zum spielerischen Daddeln: „Wir bekämpfen die Vorhersagbarkeit“, sagt Claude Paillot, und Vincent Thierion ergänzt: „Der Laptop ist wie eine Box mit vielen Sounds drin. Jeder von uns arbeitet allein zuhause an seinem Mischmasch. Es ist wie Musik kochen.“ Für ihr neues Album Plug Plus schauten dafür zufällig Gäste wie der Hamburger Felix Kubin (er singt naheliegenderweise über Sardinen), Brachialkollege Matmos, der schon für Björk programmieren durfte, oder auch Digitalrabauke Kid 606 vorbei.

Live werden Dat Politics zum Inferno aus dem Sandkasten, in dem sich hyperaktive Kids vergnügt gegenseitig mit LEGO-Klötzen beschmeißen. Sounds prallen gegeneinander wie Spielzeug-Autos, es fiept bis zum Ohrenzuhaltenmüssen und dann wird noch eine Cut-up-Polka darüber gelegt, zu der Pacman tanzen würde. „Wir sind nicht miteinander verbunden – und da wir keinen MIDI-Kram verwenden, müssen wir uns gegenseitig zuhören“, erklärt Vincent. „So können wir besser mixen und manchmal improvisieren. Dazu tanzen wir und machen uns gegenseitig Zeichen für die Samples. Das scheint wohl ziemlich komisch auszusehen.“ In der Tat macht diese ausgelassene Quietscheelektronik gute Laune – und passt somit bestens in den Rahmen einer Party zum 7. Geburtstag von MFOC, Hamburgs wahrscheinlich bestem, sicher aber humorvollstem Elektronik-Club.

Verena Dauerer

mit DJs Rupture, Criterion, Doily und Implode: Sonntag, 22 Uhr, Golden Pudel Club

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen