: Rausgerüttelt? Pech gehabt!
■ Berufsberatungen müssen herbe Einschnitte hinnehmen / Qualität, gar Existenzen stehen in Frage
Wer in Zukunft eine Berufsberatung außerhalb des Arbeitsamtes sucht, wird auf ein deutlich dezimiertes Angebot in Bremen treffen. In der kommenden Woche entscheidet die Arbeitsdeputation über die Zukunft der Berufsberatungsprojekte. Um den Kuchen von 1,25 Millionen Euro zur Verfügung stehender Mittel hatten sich 15 Projekte beworden. Würde alles das, was sie anzubieten versprechen, realisiert werden, würde das mehr als drei Millionen Euro kosten – damit ist klar, dass am kommenden Mittwoch, wenn die Deputation tagt, nicht alle bedient werden. Mehr noch: Bereits erfolgreich arbeitende Projekte werden schmerzhafte Einschnitte hinnehmen müssen. Profilierte Angebote wie beispielsweise das des Expertinnen-Beratungsnetzwerks (ebn) fürchten gar um ihre Existenz.
Nein, es sei ganz bestimmt keine Bombe, die da am Mittwoch hochgehen werde, sagt Peter Härtl vom Arbeitsressort. „Wenn weniger Geld da ist, muss sich die Landschaft neu rütteln.“ Dass sie das muss, ist lange bekannt (die taz berichtete), nur nach welchen Kriterien jetzt gerüttelt wurde, das können nicht alle Bewerber nachvollziehen.
Die Bremer Arbeit GmbH (bag), der operative Arm des Ressorts in Sachen Beschäftigungspolitik, hat die Angebote nach verschiedenen Kriterien bewertet. So zählt am meisten die „Produktqualität“, sprich Anzahl der Beratungen, Kontakte zu Ämtern und Betrieben. Wichtig ist auch die „Procederequalität“, dahinter verbergen sich Faktoren wie die Beratungsmöglichkeiten eines Projekts, seine Methoden oder seine Öffnungszeiten. Es folgen weitere „Qualitäten“ wie ein eigenes Rechnungswesen, die Erreichbarkeit der Einrichtung oder ihre technische Ausstattung. So ist ein Ranking entstanden, und die bag hat den Deputierten Vorschläge gemacht, wer künftig mit Geld zu bedenken sei. Demnach werden künftig nur noch zwei der drei Berufsberatungsangebote für Jugendliche der Bremer Arbeitslosenselbsthilfe (bras) fortbestehen, das Jugendbüro Ost in Tenever aber nicht mehr, dort stattdessen ein neues Angebot des Institut für Berufs- und Sozialpädagogik (ibs). Nicht nachvollziehen kann Uwe Lange von der bras diese Entscheidung. „Ein etabliertes Projekt soll geschlossen werden. Ein neues, das noch gar nicht arbeitet, stattdessen gefördert werden.“ Für ihn ist das ganze Verfahren der bag nicht transparent, die Entscheidung die bras betreffend „nicht schön“. Einzig und allein die Qualität habe bei der Bewertung gezählt, kontert bag-Chefin Katja Barloschky, das ibs-Angebot sei nunmal das Beste gewesen – Pech für die bras.
Bei den Frauen-Beratungen werden nur noch das Migrantinnen-Projekt MiBoP und die Beratungsstelle Zurück in den Beruf (ZiB) – beide wohl auch mit Einschränkungen – gefördert, das Expertinnen-Beratungsnetzwerk nicht mehr. Es habe jedoch „ein qualitativ hochwertiges und innovatives Konzept“, heißt es in der Vorlage. Deshalb prüfe man derzeit die weitere Förderung durch Mittel des Arbeitsamts. Und auch wenn bag-Frau Katja Barloschky von der „Super-Arbeit“ des ebn schwärmt und in Sachen Arbeitsamtsförderung verspricht: „Das kriegen wir hin“ – für Dagmar Geffken vom ebn bedeutet die Vorlage das Aus. Denn sie fürchtet mit einer neuen Art der Förderung auch neue Bedingungen dafür – beispielsweise per ABM, was wiederum bedeuten könnte, dass die jetzigen ebn-Beraterinnen mit all ihren Kontakten und Erfahrungen hier nicht mehr arbeiten könnten.
Brigitte Dreyer (CDU), Sprecherin der Arbeitsdeputation, spricht von der „fantastischen Arbeit“ des ebn und hat keinen Zweifel, das Wege gefunden würden, dieses Angebot zu erhalten. Zum Missverhältnis zwischen Budget und Möglichkeite sagt sie: „Wir müssen uns leider konzentrieren, weil das Geld beschränkt ist.“ Und tritt gen Arbeitsamt: Im Bereich der Angebote für Jugendliche solle sich das Amt gefälligst stärker beteiligen.
Für Anja Stahmann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, sind die Einschnitte nicht akzeptabel und auch in der „Fördern-und-Fordern“-Ideologie der großen Koalition dürften sie nicht logisch sein, meint Stahmann: „Fördern bedeutet an erster Stelle Beratung, auch die freie und offene Beratung. Die sollten sie in allen Bereichen sichern.“
Susanne Gieffers
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