: was macht eigentlich...Matthias Burchard
Anerkennung finden
Wenn es schon, wie seit dem Champions-League-Finale offensichtlich ist, keinen Fußballgott gibt – vielleicht gibt es ja einen Gedenkgott (oder wie immer man den dann nennen will). Auf jeden Fall mag der dafür verantwortlich sein, dass einem Berliner und vor allem seiner Sache nach zehn Jahren unermüdlichen Engagements nun doch endlich offiziell Anerkennung gezollt wird: Matthias Burchard und der Schuld Berliner Agrarwissenschaftler am mörderischen „Generalplan Ost“.
Burchard (41) hat geradezu verbissen seit seiner Forschung für die Diplomarbeit die Raum- und Siedlungsplanung des Instituts für Agrarwesen in Dahlem erforscht. Diese pseudowissenschaftliche Expertise, vorgelegt am 28. Mai 1942, war de facto eine Anleitung zur Vertreibung und Völkermord: Mindestens 25 Millionen Menschen der besetzten Gebiete im Osten sollten in Hungerzonen oder in die Zwangsarbeit getrieben werden. Seit Jahren nervt Burchard seine Fakultät, die Humboldt-Universität und die Deutsche Forschungsgemeinschaft, vor deren Tür in Bonn er campierte, um die Wissenschaftler zur Beschäftigung mit dem Thema zu zwingen. Nicht selten schrammte er mit seinen Aktionen am Rande der Legalität. Meist war er allein.
Nun aber scheint sich das Blatt zu wenden: Am 28. Mai wird sich die Universität mit offiziellen Gedenkveranstaltungen endlich ihrer geschichtlichen Verantwortung für den „Generalplan Ost“ stellen. Gestern allerdings musste Burchard noch eine Freiluft-Ausstellungseröffnung vor dem Abgeordnetenhaus veranstalten, da für seine „Generalplan Ost“-Schau noch keine Räume der Uni zur Verfügung stehen. Auch zum 60. Jahrestag der Vorstellung des „Generalplans“ ist Burchard mit seinen Veranstaltungen noch nicht Teil des offiziellen Gedenkprogramms. Aber Burchard ist hartnäckig. Er wird dranbleiben – um der Sache willen. GESFOTO: BERND HARTUNG
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