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Alle 45 Sekunden ein Laster

■ Ob Rembertikreisel, Concordiatunnel, Funkschneisentrasse oder Großmarktanbindung, den AnwohnerInnen stinkt's: Bündnis geschlossen

„In dieser Stadt macht der Wirtschaftssenator die Verkehrspolitik“, ärgert sich Peter Müller vom neu gegründeten Bündnis Bremer Verkehrsinitiativen. Er ist auch BUND-Verkehrsreferent.

Das Bündnis ist neu, der Ärger zum Teil schon Jahre alt: Die WallerInnen demonstrieren gegen die Großmarktanbindung. Die BewohnerInnen Schwachhausens machen gegen den Ausbau der Schwachhauser Heerstraße mobil. Die Anwohner des Rembertikreisels streiten mit der Stadt darüber, wie der Kreisel rückgebaut werden soll und der Durchgangsverkehr reduziert werden kann. Und die Menschen aus der Osterholzer Feldmark haben angekündigt, die Stadt zu verlassen, wenn die Funkschneisentrasse kommt.

BürgerInnen-Initiativen gibt es in diesen Stadtteilen längst. Seit kurzem arbeiten sie zusammen mit dem BUND, dem ADFC, VCD, Pro Bahn, FUSS und Ökostadt in einem neuen Bündnis, um ihren Widerstand gegen Bremens Verkehrespolitik zu koordinieren und ihrer Wut mehr Kraft zu geben.

Beispiel Rembertikreisel: Früher Symbol für verkehrsplanerische Sünden der Sechziger, würde er jetzt zum „Hoffnungspunkt“, sagte Peter Müller. Dass der Kreisel so nicht weiterexistieren soll, ist klar. Umstritten ist die Neugestaltung, vor allem wie die derzeitigen Verkehrsströme eingedämmt oder umgeleitet werden können, sagt Ulrich Draub von der BI Rembertiring. „Wir wollen da jetzt Stadtentwicklung betreiben. Die beiden Stadtteile, das Rembertiviertel und das Ostertorviertel sollen wieder zusammenwachsen“, fordert BUND-Mann Müller. Die BI will die Kreiselfläche bebauen, orientiert an alten Straßenverläufen. „Das brächte ungefähr 100 Grundstücke in der Innenstadt und könnte das Rembertiviertel vitalisieren“, ist Draub überzeugt.

Zu dem BI-Konzept gehört ebenso eine massive Reduzierung des Autoverkehrs. Die Straßen sollen zweispurig werden, den Durchgangsverkehr, der nach Angaben der BI aktuell rund 80 Prozent des Gesamtverkehrs dort ausmacht, will Draub umgeleitet sehen. Ein eindeutiger Reibungspunkt mit der Stadt: „Die Stadt widerspricht sich selbst. Auch sie will den Kreisel abschaffen, dafür aber vier Fahrspuren einrichten, mit einer jeweiligen Breite von drei Meter fünfzig“, erklärt Günter Knebel. Er vertritt die Schwachhauser BI gegen die Stadtautobahn. Die geplante Aufweitung des Concordia-Tunnels, der Schwachhauser Heerstraße und Rembertikreisel verbindet, würde die Zahl der durchfahrenden Laster steigern. Das Amt für Straßen und Verkehr geht heute schon von 700 Lastwagen täglich am Kreisel aus. Bei einer Tunnel-Erweiterung prognostiziert der BUND für das Jahr 2015 täglich dreimal so viele Laster, also 2.100 Stück. „Das heißt, alle 45 Sekunden ein Lkw“, sagt Peter Müller und ergänzt: „Es bringt nichts, den Brummis immer neue Straßen anzubieten, die laufen wieder voll. Dieses System muss durchbrochen werden.“

Heute wird sich ein Demonstrationszug von der Ansgarii-Kirche aus zum Kreisel bewegen. „Mal sehen, wie oft wir per Rad oder Skates um den Kreisel kommen, bevor uns die Puste ausgeht.“ Für den Herbst plant das Bündnis phantasievolle Aktionen, wie etwa ein Fest auf dem Rembertikreisel.

Ulrike Bendrat

Demonstration gegen die Stadtautobahn: 11 Uhr ab Ansgarii-Kirche Schwachhauser Heerstraße 40, Ecke Hollerallee.

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