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WHV muschelt im Trüben

■ Tiefwasserhafen: Einwände der umliegenden Gemeinden wurden nicht öffentlich behandelt, „weil man befürchetete, den Gegnern des Jadeweserports Argumente zu liefern“

Ungeachtet der derzeit unklaren Zukunft des Tiefwasserhafens, versucht die Stadt Wilhelmshaven das Projekt gegen die Widerstände der Bevölkerung durchzudrücken – und am besten ohne sie. So wurde im März ein Teil der Bauausschuss-Sitzung einfach in den nicht öffentlichen Teil verlegt. „Normalerweise“, so heißt es in dem der taz vorliegenden Sitzungsprotokoll, würde das Thema „im öffentlichen Verfahren behandelt und in den Abwägungsprozess hineingehen“. Da „man aber befürchtete, den Gegnern des Jadeweserports Argumente zu liefern, hat der Verwaltungsvorstand beschlossen, diesen Tagesordnungspunkt in den nicht öffentlichen Teil zu verlegen und auch keine Vorlage zu verteilen.“

„Da wird im Trüben gemuschelt“, ärgert sich Hans Freese von der Wilhelmshavener Initiative „Bürger gegen den Jadeweserport“, die mittlerweile schon 220 Mitglieder hat. Freese: „Wer etwas verschweigt, hat etwas zu verbergen.“ Und selbst in der Stadtverwaltung ist man zerknirscht über die Vorgehensweise: „Die Wortwahl im Protokoll ist mehr als unglücklich“, meint Pressesprecher Ulrich Räcker-Wellnitz.

Baudezernent Klaus Kottek meint, „altes Denken“ sei dafür verantwortlich, dass die Sache unter den Tisch gekehrt werden sollte. Und er sagt: „Wenden Sie sich doch an den Verwaltungsvorstand.“ Dabei ist er selbst Mitglied in dem Gremium, das aus Oberstadtdirektor sowie fünf Dezernenten besteht. Oberstadtdirektor Arno Schreiber war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Die Bürgerinitiative sieht im Vorgehen eine Melange aus „fehlendem Fingerspitzengefühl“ und „Arroganz der Macht“ in der Kommune.

Im Grunde sind die Fakten, die nicht öffentlich behandelt werden sollten, Insidern längst bekannt. Konkret ging es um Stellungnahmen der umliegenden Kommunen, die vom Bau des Giga-Projekts betroffen sind. „Um den Hafen anzubinden, brauche ich Umgehungsstraßen, da brauche ich neue Bahngleise“, erklärt Joachim Tjaden von der Bürgerinitiative. Und: „Ich kann doch nicht kommentarlos Autobahnen bauen. Die Bürger müssen informiert sein.“ Die jetzigen Planungen der Projektentwicklungsgesellschaft sähen zum Beispiel vor, dass 30 Meter von einer Grundschule entfernt eine Straße und Bahngleise mit Rangierbetrieb gebaut werden müssten.

Oder: „Allein für den ersten Bauabschnitt des Hafens sind 1.000 Hektar Ausgleichsfläche vorgesehen“, erklärt Tjaden. Auch die vom Tourismus lebende Gemeinde Hooksiel sei betroffen. Aber, so Tjaden: „Wenn die Hooksieler davon ein paar hundert Hektar übergebügelt bekommen, sollten sie davon wissen.“

Auch eine neue Ortsumgehung um Oldenburg sei geplant, so Tjaden. „Wenn ich hier einmal 1,2 Millionen Container im Jahr durchschicken will, muss ich mit den Bürgern vorher sprechen“. Die Öffentlichkeit solle informiert sein, um beim anstehenden Planfeststellungsverfahren fundiert Einwände erheben zu können. „So ein Einwand ist ja kein Liebesbrief“, sagt Hafengegner Tjaden. „Man muss sachkundig sein, um gegen die Planungen vorzugehen.“ Genau das wolle die Stadt Wilhelmshaven verhindern.

Wilhelmshaven plant indes munter weiter – auch nach dem endgültigen Ausstieg Hamburgs in der vergangenen Woche. Das Projekt mit seinen zunächst vier Liegeplätzen und 1.720 Metern Kaimauer soll ab 2008 in Betrieb gehen. Pressemann Räcker-Wellnitz: „Die Entscheidung Hamburgs traf uns ja nicht unerwartet. Ich gehe davon aus, dass das Verfahren weiter geht.“ Optimistisch stimme ihn zudem das Bekenntnis des Terminalbetreibers Eurogate, den Hafen am liebsten in alleiniger Regie führen zu wollen.

Die Leute von der Bürgerinitiative sehen das anders. „Der Super-Hafen kommt sowieso nicht“, sagt Tjaden. „Er bringt kaum Jobs und zerstört unsere Umwelt. Irgendwann werden das auch die Bremer und die Niedersachsen einsehen.“

Kai Schöneberg

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