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Stars für das Parkett

Analysten wurden einst hoch gelobt, jetzt sind sie in der Gunst vieler tief gefallen. Ein Analyst bringt sich um seinen Job, wenn er eine Firma kritisch beurteilt, die Großkunde seines Arbeitgebers ist

Auch ethisch-ökologische Firmen haben Zugriff auf das Analysten-Research

In den späten 90er-Jahren wurde ein junger Angestellter einer amerikanischen Investmentbank zu einer Ikone: Henry Blodget, 35 Jahre, Telekommunikationsanalyst, hoch gejubelt von den Medien und mit einem Jahresgehalt von fünf Millionen Dollar Großverdiener wie etwa die Fußballspieler David Beckham oder der jetzt arbeitslose Stefan Effenberg. Täglich erschien Blodgets Meinung in den Tageszeitungen und auf den Fernsehkanälen. Spätestens seit seiner richtigen Prognose für die Amazon-Aktie 1998 wurde sie als Wahrheit schlechthin gehandelt.

Nun – nach den tiefen Kursstürzen und Pleiten von einst hochgejubelten Wertpapieren – ist der Ruf der Analysten letztlich auch in Deutschland reichlich lädiert. Ob Kurseinbrüche bei der Telekom, Betrügereien am Neuen Markt oder auch Enttäuschungen mit „grünen“ Unternehmen: Bei der Suche nach Ursachen und Verantwortlichen für Pleiten stehen Analysten ganz oben auf den Listen.

Das war in der Blütezeit der New Economy Ende der 90er-Jahre anders: Kapitaltransaktionen – im Fachjargon als „Deal“ bezeichnet – ließen die Gewinne der Aktien verkaufenden Banken und ihrer Berater anschwellen. Die Anleger rissen sich geradezu um die Wertpapiere, denn Aktienzuteilungen bedeuteten in den Jahren 1998 und 1999 nahezu sichere Gewinne für die Zeichner der Neuemissionen. Und für die Banken satte Provisionen von teilweise über 10 Prozent der Gesamtsummen zuzüglich des Eigenverkaufs der Aktien, die begünstigt erworben werden konnten. Ein typischer Deal am Neuen Markt hatte üblicherweise ein Volumen von etwa hundert Millionen Euro, da akkumulierte sich für die Banken häufig ein Sümmchen von mehr als zehn Millionen Euro als Honorar für den Verkauf von Aktien.

Wer aber waren nun diese Blodgets & Co, die – gemeinsam mit einem großen Teil der Presse – die rasanten Kursanstiege der New-Economy-Aktien mit euphorischen Prognosen produzierten? Die auch noch so lausige, Geld vernichtende Unternehmen bei ihren Börsengängen zum Wohle ihrer Arbeitgeber anpriesen? Der Prototyp ist männlich (durfte aber auch weiblich sein), 27 bis 35 Jahre alt, erster Job, keine eigenen Erfahrungen als Unternehmer. Es sind meist reine Finanztechnokraten, die nach dem Studium der Betriebswirtschaft in Lehrgängen zu Experten in Bewertungsmodellen geschult wurden.

Es ist leicht nachvollziehbar, was geschehen wäre, wenn die Blodgets, Meiers und Müllers – statt die Papiere hochzujubeln – zum „Verkauf“ oder „Nichtzeichnen“ geraten hätten, weil sie völlig überteuert waren: Ein angestellter Analyst bringt sich um seinen Arbeitsplatz, wenn er es wagt, ein Unternehmen kritisch zu beurteilen, das gleichzeitig Großkunde seines Arbeitgebers ist.

Gegenüber Anlegern ist der Analyst wie ein Sachverständiger und Gutachter aufgetreten – und auch bereitwillig von unerfahrenen Aktienanlegern so aufgenommen worden; und von vielen Journalisten als Orakel, dessen wichtigste Äußerungen „Kauf“ und „Kursziel X“ gewesen sind. Solche unendlich verkürzenden Bewertungen – zudem für die Zukunft prognostizierend – werden weder dem komplexen Sachverhalt einer Unternehmensbeurteilung gerecht noch der umfangreichen Analystenarbeit.   Gute Analysen bieten umfangreiches Detailwissen zu einem Unternehmen, einer Branche sowie einen ausführlichen Finanz- und Bewertungsteil. Informationen, die Anleger selbst aus Zeitmangel in diesem Umfang selten recherchieren können. Für Unternehmen dienen solche Studien als Zugang zu Investoren – und damit zu einer soliden Eigenkapitalfinanzierung. Gute Analystenarbeit ist somit für die Finanzierung von Unternehmen von hoher Bedeutung.

Bis vor wenigen Jahren gab es für den ethisch-ökologischen Bereich solche Analysestudien noch nicht. Gleichzeitig gab es auch kaum Finanzierungsmöglichkeiten für innovative Unternehmen, wie beispielsweise aus der Solarenergie.

Die Wende kam 1999, und seitdem können auch kleinere und nicht börsennotierte Gesellschaften wie beispielsweise die Phönix SonnenStrom AG oder die wind 7 AG auf fundierte Researchkompetenz zurückgreifen und damit Zugang zu Investoren finden. Seit dem vergangenen Jahr tummeln sich auch zahlreiche Bankanalysten um die am Neuen Markt notierten Aktien wie zum Beispiel Umweltkontor AG oder sunways AG. Hierbei müssen Investoren jedoch immer hinterfragen, inwieweit sie in eigenem Interessen handeln: Will die Bank, die eine Studie oder eine Empfehlung zu einem Börsengang veröffentlicht, demnächst Aktien platzieren? Hat sie dies bereits getan und will sie nun Aktienkurse durch positive Empfehlungen unterstützen?

Von Banken wird teilweise selbst zugegeben, dass in den letzten Jahren zu wenig zum Wohle der Anleger getan wurde. Es ist allerdings unsicher, ob Banken hier womöglich nur eine Imagekampagne fahren oder ob sie ernsthaft zu mehr Transparenz und Verzicht auf dubiose Geschäfte bereit sind.

Und Henry Blodget? Er hat gerade mit einer anderen Bank zu tun – mit der Anklagebank. Ein geprellter Anleger fordert Schadensersatz, weiß das Manager-Magazin. PHILIPP SPITZ

Der Autor ist Geschäftsführer von Murphy & Spitz Umweltconsult, Bonn

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