: Hochhauskralle über der Hafencity
Der Senat will die Innenstadt-Erweiterung schneller bauen als bisher geplant. Westteil in drei Jahren fertig. Kaispeicher A wird abgerissen. Verhandlungen über Umzug der Kaffeelagerei. „Großflächige Vergabe“ von Grundstücken an Investoren
von GERNOT KNÖDLER
Die Zeiten einer behutsamen Entwicklung der Hafencity scheinen vorbei zu sein. Schwarz-Schill will die Hafencity schneller bauen als geplant und dafür weite Areale in public-private-partnership zusammen mit großen Investoren bebauen. Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) präsentierte gestern die Erfolge bei der Innenstadt-Erweiterung, um zu zeigen, „mit welchem Druck wir die Hafencity vorantreiben wollen“.
20 Prozent der für Hochbauten vorgesehenen Fläche – 13 von 60 Hektar – sollen in drei Jahren bebaut sein. Ein hochwassersicherer Rettungsweg, der Kibbelsteg, ist bereits fertig. Bis November soll von dort aus, an der Stirnseite des Sandtorhafens entlang, eine Straße zu dem neuen Schulungs- und Verwaltungsgebäude für die Software-Firma SAP führen. Dort wurde vor wenigen Wochen Richtfest gefeiert. Es ist das erste neue Gebäude des neuen Stadtteils und soll im Herbst bezogen werden.
Mit dem Bau von neun weiteren Wohn- und Geschäftshäusern soll demnächst am Sandtorkai begonnen werden. Gegenwärtig wird dort die Kai-Kante teils saniert, teils auf neuer Unterkonstruktion mit alten Steinen wieder aufgebaut. „Wir sind sehr bemüht, historische Elemente zu erhalten“, sagte Bernd Tiedemann, Geschäftsführer der städtischen Gesellschaft für Hafen- und Standortentwicklung (GHS), die den neuen Stadtteil vermarktet. Die 367 Meter Kai gehören zum ältesten modernen Hafenbecken Hamburgs von 1864 und sind der GHS deshalb fünf Millionen Euro wert.
Dran glauben muss dagegen der denkmalwürdige Kaispeicher A an der Spitze des Dahlmannkais. Die Substanz des festungsartigen Backsteinbaus mit dem HHLA-Schriftzug sei zu schlecht, um rentierlich erhalten werden zu können. Jetzt soll die Geometrie des Speichers mit einem neuen, gläsernen Gebäudekomplex nachgezeichnet werden. Krönung des designierten Medienzentrums soll eine gläserne Hochhauskralle sein, die nach aktueller Beschlusslage des Senats 100 Meter hoch werden darf. Ein großer Mieter habe bereits ernsthaft Interesse gezeigt. „Wir haben keine Zweifel, dass sich das realisieren wird“, so Tiedemann.
An diesen „Media City Port“ werden sich östlich vor allem Wohnhäuser anschließen, die in zwei bis drei Jahren stehen sollen. Darunter ist auch ein Geschäftshaus, das in der Nachbarschaft des SAP-Gebäudes für die Windenergie-Firma P&T Technology errichtet werden soll. Hinter SAP will die Software-Firma Poet in einem langgestreckten Bau von Wilfried Kneffel heimisch werden. Baubeginn ist im Juli.
Um das Projekt zu beschleunigen, hat der Senat Verhandlungen mit der Kaffeelagerei aufgenommen. Der große Betrieb, der den Südrand der Speicherstadt mit seinem Geruch prägt, soll auf die Hohe Schaar umziehen. Dort steht ein erschlossenes Grundstück bereit.
Die Planung des Strandkais, des Geschäftsviertels auf der südwestliche Ecke der Hafencity, wollen Uldall und Tiedemann großflächig an private Investoren vergeben. Und über das östlich anschließende Überseequartier, ein Vergnügungsviertel mit Kreuzfahrtterminal, sollen sich zunächst einmal private Entwickler Gedanken machen, wobei die Liegenschaftsbehörde die Hand auf den Grundstücken behalte. Der Masterplan bezeichnet dagegen kleine Baugrundstücke und eine vielfältige Eigentümerstruktur als Voraussetzung für den gewünschten urbanen Charakter der City-Erweiterung.
„Ich habe die Aufgabe, die Wirtschaft voranzubringen“, rechtfertigte Uldall den Kurswechsel des Senats. Seine einzige Chance sei es dabei, Investitionen zu provozieren, wozu sich die Hafencity hervorragend eigne. Die Stadt werde Gestaltungsvorgaben machen, ohne den Investoren jedes Detail vorzuschreiben, sagte Tiedemann. „Ein Massenquartier wird dabei nicht herauskommen“, beruhigte Uldall. Soviel hätten auch große Investoren gelernt.
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