vorlauf: Die A-Teens
„Schulmädchen“
(20.15 Uhr, RTL)
Fassungslos sitzt man nach diesem Pilotfilm herum und überlegt: War das jetzt ernst gemeinter „Clueless“-Grusel oder schlicht eine überkandidelte, niveau- und stillose Highschool-Satire? Vermutlich beides.
„Schulmädchen“, schon durch den an „Schulmädchen-Report“ erinnernden Titel schön in Richtung Soft-Bums-Ballermann ausgelegt, ist ein Film, in dem in Schminktöpfe gefallene 16-jährige Münchener Schickimicki-Material-Girls mit dem Englischreferendar ins Bett gehen, um an die Prüfungsunterlagen zu kommen. Ein Film, in dem die Protagonistin, just aus Passau in die Großstadt gewechselt, bei der „angesagten Mädchenclique der Schule“ (Pressetext) landen will, weil die nämlich „Glamour, Style“ und so weiter bieten. Ein Film, in dem alle auf A endende Namen haben (Laura, Cara, Stella, Ramona). Und vor allem ein Film, den sabbernde Teenie-Angrapscher hoffentlich nie zu sehen bekommen, so sehr bestätigt er ihre Klischees von Nymphomaninnen, die für Cliquen-Anerkennung resp. eine Gucci-Tasche alles geben würden. Aber vermutlich werden ihn vor allem jene Grapscher genießen, denn natürlich wimmelt er, in „V.I.P.“- Manier, von Frischfleisch in Glitzertops. Lustigerweise, denn auf realen Oberstufen-Schulhöfen schlurfen ja eher bollerige Schlagjeans herum. Männerfantasien eben.
Nun wäre so ein verunglückter Pilot an sich nicht weiter schlimm, schließlich schmeißen private Sender gern Testfilme auf den Markt, die dank mangelnder Quote schnell wieder eingestampft werden. Und außerdem ist das modern und schnickschnackreich produzierte und mit „Bravo Hits Vol. 3“ unterlegte „Schulmädchen“, immerhin, keine biedere öffentlich-rechtliche „Unser Lehrer Dr. Specht“-Variante, die in Realitätsnähe und Machart schon beim Vorspann eine Gähn-Manipulation auslöst. Aber das Thema „Sex mit minderjährigen, abhängigen Mädchen“ ist eben ein sensibles, so schwer wiegend können die Folgen für alle Betroffenen sein, von Schulverweis bis hin zum Trauma. Darum ist „Schulmädchen“ nicht harmlos-dumm. Sondern verdammt ärgerlich, hanebüchen und respektlos gegenüber echten Schulmädchen. Auch solchen mit A-Namen. JENNI ZYLKA
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen