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Meistens schutzlos: Homosexuelle

Im Iran werden Männer, die mit anderen Männern Sex haben und sich dabei erwischen lassen, gehenkt; Frauen, die sich des gleichen Delikts schuldig machen, gesteinigt. In fast allen islamischen Ländern ist Homosexualität verboten, weil sie als Angriff auf göttliche Gesetze verstanden wird. Ägypten verbietet Homosexualität nicht direkt, doch sind Schwule und Lesben durch den Passus bedroht, der „Verstöße gegen die öffentliche Moral“ ahndet.

Amnesty international (ai), die seit Ende der Vierzigerjahre agierende Menschenrechtsorganisation, beobachtet seit zehn Jahren die politische Verfolgung von Homosexuellen auch offiziell. In dem Buch Das Schweigen brechen. Menschenrechtsverletzungen aufgrund sexueller Orientierung (Querverlag, Berlin 2001, 160 Seiten, 12,50 Euro), herausgegeben von der Aktionsgruppe Homosexualität der deutschen Sektion von ai, steht akribisch aufgelistet zu lesen, welche Staaten Sexualitäten verfolgen, die dem Bild klassischer Heterosexualität (die Familie: Vater, Mutter, Kinder – Sexualität findet zum Zwecke der Fortpflanzung statt) widersprechen.

Offenkundig wird in diesem Bericht, dass überall dort Menschen mit einer anderen als heterosexuellen Orientierung verfolgt werden, wo Staaten ihrem Selbstverständnis nach religiös oder totalitär (kommunistisch, beispielsweise: Kuba) strukturiert sind. Chiles Pinochet-Regime galt die brutale Verfolgung Homosexueller nach dessen Putsch gegen die demokratische Allende-Regierung als vordringlich. Das Signal sollte sein: Ein Mann, der sich nicht wie ein Soldat versteht, kann nicht des Lebens würdig sein.

Alle totalitären Staaten pflegen innergesellschaftlich (und -politisch) das Bild des wehrhaften, züchtigen, antiweiblichen Mannes: Homosexuell kann (und darf) er nicht sein. Besonders prägnant: In lateinamerikanischen Ländern – und zur Zeit vor allem akut: auf dem Balkan – gelten Homosexuelle als Freiwild. Dort wird die Frau einerseits als Madonna und Mutter verehrt, zugleich als Hure imaginiert. Vergewaltigungen von Frauen der Besiegten gelten als extramännlich. Schwule Männer haben in diesen Gesellschaften den Rang von Parias.

Deutschland unter dem Nationalsozialismus hat Homosexuelle deshalb auch verfolgt, schwule KZ-Häftlinge mussten in Gefangenschaft Rosa Winkel als Zeichen der Stigmatisierung tragen. Schwule galten in Konzentrationslagern als moralisch minderwertig – gerade bei Kommunisten.

Viele gesellschaftliche Liberalisierungen wären ohne Empfehlungen der Vereinten Nationen oder des Europäischen Gerichtshofs nicht denkbar: Irland – wo Homosexualität verboten war – legalisierte sie Anfang der Neunzigerjahre.

Prinzipiell gilt: In Staaten, die sich als rechtsstaatlich-demokratisch verstehen, wurde die (häufig) tödliche Verfolgung Homosexueller schrittweise für illegal, mindestens für moralisch illegitim erklärt. Allen Staaten, die diesem Selbstverständnis nicht anhängen, ist eine tiefe Verachtung des Weiblichen (und damit auch des Homosexuellen) gemein.

Im Zweifelsfall, wie aktuell im Zimbabwe Robert Mugabes, wird, um verlorene politische Legitimität zu remobilisieren, gegen schwule Männer gehetzt: darauf spekulierend, dass eine Mehrheit des Staatsvolks mit dem Furor einverstanden ist. JAF

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