Offshore Windparks verheddern sich im Stromnetz

Noch ist offen, wann, wo und wie der Strom von den neuen Windkraftanlagen vor Borkum an Land und über Land fließen wird. Der Stromriese E.ON baut sein Stromnetz vorerst nicht aus

Flaute vor der Küste. Die Stromerzeugung im ersten Offshore- Windpark der Welt ist gebremst. Zwar hat die Bezirksregierung Weser-Ems entschieden, dass die Stromkabel zwischen dem Windmühlenpark vor Borkum und dem Festland über Norderney durch den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer verlegt werden sollen. Doch damit ist der Knoten im Stromkabel noch längst nicht zerschlagen.

“Die Entscheidung der Bezirksregierung ist absurd“, ärgert sich Prokon Projektleiter Alexander Klemt. Der Leeraner Windanlagenhersteller Prokon möchte so schnell wie möglich eine Pilotanlage von zwölf 3,5 bis 5 Megwatt Konvertern, 45 Kilometer vor Borkum in den Nordseegrund rammen. Später soll der Windpark auf über 200 Windmühlen anwachsen. „Unsere Auflage war, einen Weg für die Stromkabel der Pilotanlage und des gesamten Parks zu finden“, sagt Klemt. Auch Betreiber weiterer Anlagen sollten das Kabel nutzen können. „Aber indem die Bezirksregierung nur eine schmale Trasse für die Pilotanlage genehmigt, geht sie weit hinter ihre eigenen Auflagen zurück“, schimpft Klemt. Außerdem hat die Nationalparkverwaltung der Entscheidung der Bezirksregierung noch nicht zugestimmt. Bislang waren die Wattenmeerschützer strikt dagegen. Zudem werden Naturschutzverbände und möglicherweise die Insel Borkum gegen die Entscheidung klagen.

Für den endgültigen Ausbau des Borkumer Offshore-Parkes auf 200 Windmühlen müsste sich Prokon also später eine neue Trasse suchen und damit wäre Prokon nicht allein. „Die anderen Betrieber haben ihre Offshoreprojekte noch gar nicht genehmigt“, murrt Klemt. „Die anderen Betreiber haben ihre Offshore-projekte noch gar nicht genehmigt bekommen“, murrt Klemt. Er sieht die Kooperation schon an der Finanzierung scheitern. Verschiedene Betreiber planen derzeit fünf Parks. Mindestens vier weitere Projekte sind in unterschiedlichen Planungsstadien. Noch in diesem Jahr werden weitere Genehmigungen durch das Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrografie erwartet.

Aber selbst wenn Prokon für seine Vorleistung bei der Trassenfindung Geld bekäme, droht den Windkraftmüllern eine neue Stromsperre. „Sollte bis 2010 tatsächlich eine Mehrkapazität von 3.000 Megawatt Strom aus Offshoreanlagen verteilt werden müssen, können wir die unmöglich durch die herkömmlichen Netze leiten“, sagt Mathias Bocksberger, Sprecher von E.on Netz. E.on ist der Herr der Netze. Zwar ist der Energieriese mit Prokon im Gespräch, tätig geworden ist er bislang nicht. „Wir warten die Genehmigungspraxis der Behörden für Offshoreparks ab“, begründet Bocksberger dies. “Unverschämt, wie ein Konzern die Ausbaupläne der Windenergie der Bundesregierung torpediert“, schimpft Sven Teske von Greenpeace. Der Greenpeace-Mann macht eine einfache Rechnung auf. „Wenn die Norddeutschen Atomkraftwerke Stade und Unterweser abgeschaltet werden, können die freiwerdenden Netzkapazitäten vom Offshore Windstrom genutzt werden.“ E.on kontert: „Wir kommentieren die Greenpeaceforderung nicht. Aber wir sehen keinen Zusammenhang zwischen den Atomkraftwerken und dem Ausbau der Windenergie.“

Dabei kann es schon recht schnell eng werden im Stromnetz Bremen/Niedersachsen. Zwar gehen Experten davon aus, dass die Vision der Bundesregierung, den Anteil der Windernergie in den nächsten zehn Jahren auf 25.000 Megawatt zu erhöhen, ein schöner Traum bleibt. Trotzdem sollen alte, Land gestützte Windkraftanlagen erneuert und ihre Leistung im Zuge des „Re-powerings“ erhöht werden. „Wir wissen, das wir unsere Netze verstärken müssen, aber wir haben noch keine konkreten Planungen“, gibt sich E.on Sprecher Mathias Bocksberger kühl. Der Grund leuchtet ein: „Wir warten auf eine Novellierung des Erneuerbaren Energiegesetzes. Wir könnten dann die Investitionen in ein verstärktes Stromnetz bundesweit auf den Strompreis umlegen.“ Thomas Schumacher