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Der Kandidat, der von nichts wusste

CSU-Chef Stoiber behauptet vor dem Untersuchungsausschuss, seine Partei habe keine illegalen Millionen von Waffenhändler Schreiber erhalten. Und falls doch noch etwas herauskommt, sichert er sich ab: „Von behaupteten Vorgängen keine Kenntnis“

aus München OLIVER HINZ

Als letzter Zeuge des Parteispenden-Untersuchungsausschusses des Bundestages hat CSU-Chef Edmund Stoiber gestern die Vorwürfe des Waffenhändlers Karlheinz Schreiber zurückgewiesen, wonach seine Partei eine illegale Spendenpraxis betrieben hat.

„Die von Schreiber in Toronto behaupteten Zahlungszuflüsse an die CSU hat es nie gegeben“, sagte Stoiber bei seiner Anhörung in München. Als Beleg präsentierte er ein Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 27. Mai, wonach von 1990 bis 2000 neben den im Rechenschaftsbericht bereits veröffentlichten keine finanziellen Zuwendungen Schreibers an die CSU geflossen sind.

Ganz sicher war sich Stoiber aber offenbar nicht, dass seiner Partei nicht doch noch illegale Finanzaktionen nachgewiesen werden könnten. Zu zwei von Schreiber genannten Millionenspenden an die CSU sagte Stoiber: „Ich habe von den behaupteten Vorgängen keine Kenntnis.“

Den Rüstungslobbyisten Schreiber bezeichnete Stoiber als „unglaubwürdig“. Der mit Haftbefehl gesuchte Schreiber habe ein „völlig abwegiges Rechtsstaatsempfinden“. „Dieser Mann soll Ihr Kronzeuge sein?“, fügte Stoiber an die Adresse der Ausschussmitglieder von SPD und Grünen hinzu. In der zum Teil hitzigen Sitzung warf er den Regierungsparteien vor, ihn nur aus „wahltaktischen“ Gründen geladen zu haben. Der für die SPD im Ausschuss sitzende Peter Danckert entgegnete gelassen, er habe keinen Grund, an den Aussagen Schreibers zu zweifeln. Schließlich hätten dessen Angaben zu der Spende von einer Million Mark an den Ex-CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep, mit der die Spendenaffäre der Union ins Rollen kam, gestimmt. Auch Schreibers Angaben zu einer 100.000-Mark-Spende an Ex-CDU-Chef Wolfgang Schäuble seien richtig gewesen.

Mehrmals befragten die rot-grünen Ausschussmitglieder den Zeugen Stoiber nach einem Brief, den er 1980 an die Firma Grundig geschrieben hatte. Darin forderte er Grundig auf, notwendige „Maßnahmen“ mit dem mittlerweile verstorbenen CSU-Justiziar Dannecker einzuleiten. Dabei soll es um eine 800.000-Mark-Spende gegangen sein. Stoiber bestritt, gewusst zu haben, dass es sich um eine Spende handeln könne. Er habe den Brief ohne Nachfrage im Auftrag des damaligen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß geschrieben. SPD-Obmann Frank Hofmann sagte dazu am Rande der Vernehmung, die Aussagen Stoibers seien hier nicht haltbar. Auch der Grüne Christian Ströbele sagte, Stoiber sei an diesem Punkt nicht glaubwürdig gewesen.

Das alles ficht Stoiber nicht an. Demonstrativ gut gelaunt war er zu seiner Vernehmung durch einen Seiteneingang in den Senatssaal des Landtags in München gekommen, wohin der Ausschuss aus Termingründen umgezogen war. Respektvoll folgten im Schlepptau CSU-Bundestagsabgeordnete und zwei bayerische Regierungssprecher. Der CSU-Chef lief die Parlamentarierbänke ab und schüttelte jedem die Hand. Minutenlang beugte sich Stoiber über den Tisch des FDP-Abgeordneten Max Stadler und unterhielt sich mit ihm – über Jürgen Möllemann. „Wir haben übereinstimmend festgestellt, dass Herr Möllemann kein Antisemit ist“, fasste der Liberale das Gespräch zusammen. Erst als der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Volker Neumann (SPD), ihn wiederholt mahnte, endlich Platz zu nehmen, setzte sich Stoiber auf den einsamen Zeugenstuhl. So verhinderte er gekonnt, dass er auf der vermeintlichen Anklagebank fotografiert und gefilmt wurde. Denn als Neumann ihn zum Sitzen aufforderte, waren die Bildreporter und Kamerateams schon aus dem Saal herausgeschmissen worden.

Das eigene schauspielreife Auftreten hielt Stoiber freilich nicht ab, gleich zu Beginn seines 20-minütigen Eingangsstatements den Regierungsparteien vorzuwerfen, ihn zur „politischen Inszenierung“ vorgeladen zu haben. „Die Ausschussmehrheit von SPD und Grünen muss heute ein solches Schauspiel bieten, weil Rot-Grün im Wahlkampf in Atemnot kommt. Idee: Struck. Drehbuch: Kampa. Regie: Müntefering“, las Stoiber mit stoischer Ruhe sein Manuskript aus seinen kleinen Aktenordner vor. Den Autoren und Regisseuren von Rot-Grün werde dies aber auch nicht helfen. (mit AFP)

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