ofusaido
: Sonne im Haar

Berliner TV-WM

„Fußball, det interessiert mich nich die Bohne“, sagt eine ältere, mollige Frau im roten Shirt. Bei ihrem Lock hätte man auch nichts anderes erwartet. Aber auch der Mittvierziger in der U 6 hat es nicht eilig. Es ist 13.30 Uhr. Das Spiel hat gerade angefangen. Deutschland gegen Irland. Doch Fußball hat er noch nie gemocht. „Vielleicht aus Opposition zu meinem Vater“, meint er halb lachend.

Auch André hasst diesen Sport – nicht wegen eigener Erfahrungen auf dem Platz oder vor dem Bildschirm, sondern vor dem Monitor. Beim vituellen Kick mit der Playstation verliert er immer. Von der WM kriegt er durch seine Kollegen dennoch jede Menge mit. „Wenn es darum geht, hakt es bei beinahe jedem aus, egal ob Mann oder Frau“, hat er beobachtet. Genauso denkt ein buchlesender Herr aus Zehlendorf. „Fußball ist geschlechtsneutral“, bemerkt er.

Dem widersprechen drei Freundinnen am Alex. Lässig schieben sie ihre Sonnenbrillen ins Haare. Nicht im Traum würden sie daran denken, jetzt Fußball zu gucken. Richtig lästig finden sie es, wenn die Kicker auf Seite eins der Zeitungen besprochen werden.

Inzwischen ist es 14.20 Uhr. Die zweite Halbzeit läuft. In der U 8 redet eine große Blonde von Alltagskultur und davon, dass das Interesse für Fußball gewachsen sein muss. Eine ihrer Freundinnen sei wirklich fußballbegeistert. Sogar den Kicker habe die abonniert. „Identifikationsgeschichten“, daran denkt die Blonde. Wahrscheinlich wolle die Freundin ihrem Vater gefallen. Sie selbst versteht das Spiel nicht. Die innere Dramatik geht ihr ab. Lust sich „groupiemäßig mit vor den Fernseher zu setzen“, habe sie beileibe nicht. Doch dann deutet sie prompt auf den Bildschirm des U-Bahn-TV: 1:0 für Deutschland. Der Herr in der Ecke schläft weiter. Die Mitreisenden schauen nicht auf.

Frank und Elke, die während des Spiels die Sonne im Monbijou-Park genießen, sind sich sicher: „Es sind auf jeden Fall mehr Männer, die sich für Fußball interessieren.“ Auch diese Männer können sie genau beschreiben. Elke holt aus. Den typischen Fußballgucker beschreibt sie als „diese schlauen Superintellektuellen, die den Anschluss an den Proll auf keinen Fall verlieren wollen und deshalb in den härtesten Kneipen Fußball schauen“. Aber die Freundinnen dieser Superinteressierten, die lassen Spiele schon eher mal ausfallen. SUVA

Ofusaido heißt auf Japanisch Abseits