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zahl der wocheBali: Kein Plan für UN-Gipfel in Johannesburg

Streit im Ferienparadies

Vielleicht war es ja ein Fehler, nach Bali zu gehen. Vielleicht hat die entspannte Stimmung im indonesischen Ferienparadies auf die Delegierten aus 173 Ländern abgefärbt. Denn eigentlich sollten die Fachminister auf der letzten Konferenz vor dem UN-Gipfel zur nachhaltigen Entwicklung in Johannesburg alles klarmachen. Ein Aktionsplan und eine politische Erklärung sollten so weit verhandelt werden, dass sie in Johannesburg mit großem Pomp verabschiedet werden können.

Das ist gescheitert. Bis Freitagabend jedenfalls war ein Kompromiss nicht in Sicht. Dafür Blockaden allerorten: Die USA wehren sich weiterhin gegen jede Art von politisch verbindlicher Erklärung; die Entwicklungsländer, koordiniert in der Gruppe G 77, wollen mehr Geld und mehr Chancen im Welthandel, ehe sie überhaupt über Umweltschutz reden; und die EU verwies darauf, dass dafür die falschen Minister vor Ort waren: Nämlich die Chefs der Ressorts Umwelt und Entwicklung – und nicht die Finanz- und Wirtschaftsminister.

„Den Geist von Bali hat es nicht gegeben“, sagte Michael Frein, der für das Forum Umwelt und Entwicklung die Tagung beobachtet hat. Er sieht das Scheitern von Bali sogar als Erfolg: Immerhin sei verhindert worden, dass zwischenzeitlich ein Papier verabschiedet wurde, dass „sogar noch hinter die Standards von Rio zurückging“. Umweltminister Jürgen Trittin sah dagegen kleine Fortschritte, weil sich wenigstens EU und G 77 in ihren Positionen zu Umwelt und Handel näher gekommen seien. Trotzdem strotzen die Dokumente von Bali vor eckigen Klammern, die ungeklärte Probleme formulieren. Letzte Ausfahrt für eine Einigung bei Themen wie fairer Handel, Finanzhilfen für den Süden, Armutsbekämpfung, Artenschutz, umweltschonende Energie- und Wasserversorgung ist daher Johannesburg Ende August.

Der UN-Gipfel wird damit zu einem wirklichen Verhandlungstreffen. Die Umwelt- und Entwicklungsgruppen hoffen auf zwei Effekte: Erstens sind in Südafrika endlich die wirklich Mächtigen zusammen, die sich keine Blamage leisten können. Und zweitens ist der Druck der Öffentlichkeit wesentlich größer als in Bali, wo nur 3.000 Delegierte zu sehen waren. Im Gegensatz zu den 60.000 Besuchern und 5.000 Journalisten, die in Johannesburg erwartet werden, war das praktisch ein Geheimtreffen.

Johannesburg kann aber auch nach hinten losgehen: Fürchten die Staatschefs, dass keine Ergebnisse herauskommen, mit denen sie (zum Beispiel in der heißen Phase des Wahlkampfs wie in Deutschland) vor den Kameras prahlen können, bleiben sie eventuell zu Hause. Und dann passiert überhaupt nichts von dem, was eigentlich dringend nötig wäre: Die wirtschafltiche Globalisierung der letzten zehn Jahre wenigstens in Ansätzen sozial und ökologisch einzudämmen. „Der Gipfel in Johannesburg“, sagte Trittin beim Abflug in Bali, „ist noch nicht über den Berg.“

BERNHARD PÖTTER

kommentar Seite 11

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