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Grüne Frischzellenkur

GAL will die Grüne Jugend offiziell adoptieren. Damit wird der Nachwuchs zu einem wesentlichen Machtfaktor in der Partei  ■ Von Sven-Michael Veit

Hamburgs Grüne bekommen Nachwuchs. Per Satzungsänderung soll auf der Landesmitgliederversammlung (LMV) am morgigen Sonntag die Grüne Jugend Hamburg (GJH) „offiziell zur politischen Jugendorganisation“ der GAL erklärt werden. „Ein wichtiger Schritt“, findet GJH-Vorsitzende Anne Beeger, ein überfälliger zudem: „Damit wird die Realität endlich anerkannt.“

Der Landesvorstand, der den Antrag auf Satzungsänderung bereits abgesegnet hat, spricht von einem „klaren Bekenntnis“ der GAL zur GJH und umgekehrt. Auch könne künftig besser dem Vorhalt begegnet werden, die Grünen seien eine immer älter werdende Ein-Generationen-Partei. Die Frischzellenkur sei „ein ganz wichtiges Sig-nal an die Öffentlichkeit“, findet der amtierende Parteichef Jens Kerstan, mit 36 Jahren einer der jüngeren in grünen Spitzenpositionen.

„Wir haben großes Interesse da-ran, jungen Menschen mehr Raum in der GAL zu bieten“, umschreibt Kerstan diesen Versuch, wieder von der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Parteien gestrichen zu werden. Nicht zuletzt im bevorstehenden Bundestagswahlkampf erhoffen sich Bündnisgrüne bundesweit wie auch die GAL in Hamburg „zusätzliche Attraktivität“ für JungwählerInnen, wie Kerstan unumwunden einräumt: „Die Grüne Jugend wirkt durch Lebendigkeit und Engagement.“

Frisches Blut wäre denn auch so ziemlich der einzige Grund für die GAL, diese Reform durchzuführen, welche die Bundespartei am 25. November vorigen Jahres auf dem Rostocker Parteitag grundsätzlich beschloss. Kurzfristige greifbare Vorteile hätte die GAL nicht, für die Grüne Jugend böte die Satzungsänderung hingegen sofort erhebliche Vorteile.

Sie bekäme einen gesicherten Rechts- und Steuerstatus, dürfte abzugsfähige Spendenquittungen ausstellen und hätte Anspruch auf staatliche Zuschüsse zur Parteienfinanzierung. Zudem würde sich die Anzahl der grünen Jungs und Mädchen per Federstrich von derzeit 152 auf 250 bis 300 – eine Statistik mit exakten Geburtsdaten liegt nicht vor – nahezu verdoppeln, denn künftig würde jedes GAL-Mitglied unter 29 Jahren automatisch auch zur GJH gehören. Umgekehrt jedoch soll die Personalunion nicht gelten; die mit sechs Euro pro Jahr erschwingliche Mitgliedschaft (siehe Kasten) bei der Grünen Jugend ist weiterhin auch ohne GAL-Parteibuch möglich. Bislang sind lediglich 40 Prozent der GJH-Mitglieder auch Bündnisgrüne.

Nach der Satzungsauffrischung aber würde mehr als ein Fünftel der zurzeit 1225 Grünen in Hamburg von der Nachwuchsorganisation vertreten: Die Grüne Jugend wandelte sich von einem nicht unerheblichen zu einem kaum mehr zu übergehenden Machtfaktor in der GAL. Auch in den Führunsgremien der Partei schlüge sich das nieder. Zu dem einen Beisitzerposten im siebenköpfigen Landesvorstand kämen zwei weitere Mitglieder im 13-köpfigen Landesausschuss hinzu, dem höchsten Organ der Partei zwischen den LMVs. Und nicht zuletzt in der SchatzmeisterInnenkonferenz von Landespartei und den sieben Bezirken bekäme die Grüne Jugend Sitz und Stimme.

„Das ist die überfällige Anerkennung für unsere jahrelange gute Arbeit“, meint Jurastudentin Beeger. Da habe es in der GAL seit einigen Jahren „eine zunehmende Veränderung im Denken“ gegeben, konstatiert die 21-Jährige, die seit einem Jahr GALierin, aber bereits seit zwei Jahren Junggrüne ist.

In der Tat haben noch vor nicht langer Zeit gerade manch prominente Grüne, die sich selbst als ewig jung einschätzten, den Nachwuchs als eher störend empfunden. Vor allem zwischen männlichen Alt-68ern und jungen Frauen, die ihre Töchter hätten sein können, gab es gelegentlich Dispute, die häuslichen Szenen zwischen Eltern und Jungerwachsenen nicht unähnlich waren.

Eine kontroverse Debatte auf der LMV wird zwar nicht erwartet, wer schließlich mag sich schon öffentlich dem Verdacht des Altersstarrsinns aussetzen. Die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit gilt denn auch als gesichert, wenngleich stummer Protest durch eine nennenswerte Zahl von Gegenstimmen und vor allem Enthaltungen nicht ausgeschlossen wird. Gerade seitens galliger Restlinker, von denen etliche die Grüne Jugend, die revolutionären Treibens in der Tat unverdächtig ist, für karrieregeil und angepasst halten. „Die sind mir viel zu stromlinienförmig“, sagt eine prominente Mittvierzigerin.

Als ob dies ein Argument gegen die Mitgliedschaft bei den Grünen sei.

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