Streitpunkte vom Koalitions-Tisch gefegt

Einschwören auf die „stabilste Koalition“. Dafür kriegt Lemke kein extra-Geld für die Schulen, aber Radio Bremen darf wieder Wahlwerbung senden

„Deutliche Worte“ seien gefallen während des dreieinhalbstündigen Koalitionsgespräches, das SPD-Chef Detlev Albers und CDU-Vorsitzender Bernd Neumann gestern Nachmittag mit einer Pressekonferenz beendeten. Die wurden in der Öffentlichkeit freilich nicht wiederholt. Alles in Butter, war vielmehr die Botschaft: „Bremen hat die stabilste und erfolgreichste große Koalition, die Deutschland je hatte, und dabei bleibt es“, so Neumann.

Und doch sei es, so Albers, bei dem Gespräch lange um’s „Klima“ in der Koalition gegangen, denn die Punkte, in denen sich die Koalition uneins zeigten, häuften sich in jüngster Zeit. So in der Bildungspolitik, als die CDU eine Vorlage aus dem SPD-geführten und PISA-geschüttelten Ressort abschmetterte.

Aber auch der Stadionumbau, bei dem die Leichtathletikbahn planerisch vernachlässigt worden war, und sich SPD und CDU gegenseitig des Versagens beschuldigten, kam nochmal aufs Tapet.

Drittes Thema des Koalitionsausschusses: die Änderung des Radio-Bremen-Gesetzes.

In Sachen PISA gibt die CDU fürs Erste nicht nach. Schulsenator Willi Lemke (SPD) muss diejenigen Maßnahmen, die schon im August, zum neuen Schuljahr, greifen sollen, aus seinem eigenen Haushalt bezahlen. „Dafür haben wir grünes Licht von ihm“, so Albers. Die Sofortmaßnahmen beschränken sich auf Sprachkurse für Migrantenkinder und auf zusätzlichen Sprachförderunterricht in der zweiten und dritten Klasse. Die Koalition einigte sich aber auf das weitere, gemeinsame Vorgehen. Alle weitergehenden und zwischen SPD und CDU ideologisch umstrittenen Schlüsse aus der PISA-Studie sollen in einem erneuten Koalitionsgespräch am 29. Juni, dem Tag der Veröffentlichung der regionalen Ergebnisse, gezogen werden. Dann würden die Weichen für den „Umbau, die Reform des bremischen Schulsystems gestellt“, so Albers und eventuell Mittel für 2003 im Rahmen eines Umbaufonds zur Verfügung gestellt. Für die oppositionellen Bremer Grünen ist eine Bildungsoffensive nicht allein durch Umschichtungen im Bildungshaushalt machbar. „Es ist mir unbegreiflich, wie Bildungssenator Willi Lemke (SPD) sich darauf einlassen konnte“, kritisierte der Bürgerschaftsabgeordnete Dieter Mützelburg die Koalitionsrunde.

Zum Thema Stadion-Umbau sagte Neumann, „manches hätte professioneller gestaltet werden können.“ Dass die künftige Tartanbahn vom Publikum zum Teil nicht einsehbar sei, daran „lässt sich nichts mehr ändern.“ Für Neumann ist die Leichtathletik offenbar vernachlässigenswert: „Wir werden in den nächsten zehn Jahren eher drei Fußball-Länderspiele mit je 35.000 Zuschauern bekommen als eine große Leichtathletik-Veranstaltung mit 6.500 Zuschauern“, rückte er die Dimensionen aus seiner Sicht zurecht.

Für die Änderung des Radio-Bremen-Gesetzes präsentierte die Koalition einen Entwurf, der die Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung einschränkt. Bei Beschlüssen, die die „Aufgaben der Anstalt“ betreffen, hat der Intendant künftig das letzte Entscheidungsrecht. „Wir gleichen das dem Bundesstandard an“, sagte Neumann. Außerdem dürfen Parteien in Zukunft wieder bei Radio Bremen werben – vorerst allerdings nur bei Europa- und Bundestagswahlen. Für die Landtagswahlen soll mit dem Intendanten ein Modus gefunden werden, der eine „faire“ (Neumann) Parteien-Berichterstattung ermöglicht, ohne dass diese dezidiert werben. hey