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Verschrotten der Kutter als Artenschutz

EU-Kommission legt heute neuen Fischereiplan vor. Spanien trotz EU-Präsidentschaft das am stärksten betroffene Land. Deutsche essen weniger Fisch

MADRID taz ■ Die EU-Kommission legt heute in Luxemburg den EU-Fischereiministern Reformpläne für die gemeinsame Fischereipolitik vor. Das von Landwirtschaftskommissar Franz Fischler ausgearbeitete Programm sieht ab 2003 eine Reduzierung der aktuellen EU-Fangflotte vor. Die Kapazitäten sollen um 40 Prozent gesenkt werden. Der Grund: Die EU-Gewässer seien restlos überfischt. Um dies zu erreichen, müssten 8.600 Boote verschrottet werden. Das sind 8,5 Prozent der europäischen Fischereiflotte.

Die Minister der einzelnen Länder bestimmen letztlich, was von den Plänen der Kommission übrig bleibt. Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast hat schon früher gesagt, dass sie die Fischler’schen Pläne für eine nachhaltigere Fischerei unterstützt. Sie trat für einen Abbau der mannigfaltigen Subventionen für die Fangflotten ein.

Die lautesten Proteste kommen aus Spanien. Das Land, das derzeit die EU-Präsidentschaft inne hat, ist einer der Hauptbetroffenen der Reform. 1.800 spanische Boote würden Fischlers Plan zum Opfer fallen. Mindestens 28.000 Arbeitsplätze gingen dabei in den nächsten vier Jahren verloren. Spanien verfügt über 17.500 Boote, das sind 17,5 Prozent der EU-Fangflotte. Sie fangen jährlich 1,1 Millionen Tonnen Fisch. Das wiederum sind 16,4 Prozent der EU-Erträge.

Von der Kapazitätsreduzierung wären vor allem Galicien im Nordwesten und das südspanische Andalusien betoffen. Beide Regionen hängen sehr stark vom Fischereiwesen ab. Vor allem im Süden schauen die Fischer voller Sorge auf die heutige Sitzung in Luxemburg. Zehn Prozent der regionalen Flotte stehen zur Disposition. Der Sektor, einer der wichtigsten Wirtschaftszweige im armen Andalusien, steckt bereits jetzt in der Krise. Seit Marokko vor einem Jahr das Fischereiabkommen mit Europa nicht verlängerte, bleiben über 300 Boote im Hafen. 5.000 Arbeiter auf den Booten und weitere 10.000 an Land sind zur Untätigkeit verdammt.

Madrid kündigte bereits Widerstand gegen Fischlers Pläne an. Für Fischereiminister Miguel Arias Cañete verstößt die geplante Reform gegen den Unionsvertrag. Dort wird allen EU-Mitgliedern der freie Zugang zu den gemeinschaftlichen Gewässern zugesichert. Beim Eintritt in die Union haben die verschiedenen Länder ihre Flotten angepasst. So hat Spanien seit 1986 seine Flotte bereits um die Hälfte reduziert. Arias wirft der Kommission vor, mit unterschiedlichem Maß zu messen: „Spanien hat seine Verpflichtungen bei der Flottenreduzierung erfüllt. Und jetzt werden wir bei den Plänen gleichbehandelt wie die Länder, die ihre Kapazitäten ausgebaut haben.“ Der spanische Minister schaut dabei auf die Nordseeflotte, die im Rahmen der Reform erstmals angepasst werden soll.

Neben Spanien lehnen Frankreich, Portugal, Italien und Griechenland die Reformpläne Fischlers ab. Die fünf sind stark genug, um eine Sperrminderheit zu bilden.

Die deutschen Konsumenten essen unterdessen wieder etwas weniger Fisch als im Boomjahr 2001. Im ersten Quartal 2002 ist der Konsum im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um rund neun Prozent zurückgegangen, teilte das Fisch-Informationszentrum (FIZ) gestern in Hamburg mit. Wegen des BSE-Skandals sei 2001 für die Branche aber auch ein Ausnahmejahr gewesen, betonte das FIZ. Im Vergleich zum Jahr 2000 habe der Fischkonsum im ersten Quartal des Jahres um rund 13 Prozent zugenommen. Derzeit verzehrt jeder Bundesbürger jährlich 14,2 Kilogramm Fisch.

REINER WANDLER

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