: Nicht ungelegene Misere
Der Schulbehörde fehlt für 600 Lehrerstellen das Geld. Senator Lange wirft der Vorgängerregierung „Verschleierung“ vor ■ Von Kaija Kutter
Die Opposition hat dem Schulsenator jüngst mehrfach eine „unseriöse“ Lehrerplanung vorgeworfen. Gestern drehte Rudolf Lange (FDP) den Spieß um. Die rot-grüne Vorgängerregierung habe mit „Haushaltstricks“ gearbeitet und verschleiert, dass für 590 Stellen das Geld fehlt. Lange: „Eigentlich müsste man am 1. August 150 Lehrer entlassen.“
Als er die Behörde im Herbst übernahm, so Lange, sei ihm gesagt worden, der Haushalt sei in Ordnung. Erst durch seine Nachfragen sei „die nackte Wahrheit“ ans Licht gekommen. Insgesamt arbeiten rund 16.000 Lehrer im Schuldienst auf 13.923 Stellen. Rechnet man den Schülerzuwachs hinzu, werden ab August 108 zusätzlich benötigt. Doch für die – ebenso wie für 480 weitere Stellen – fehlen im Behördenetat die Mittel. Denn, sagt Lange: „Die Behörde hat allein im vergangenen Jahr 30 Millionen Mark mehr ausgegeben als sie durfte.“ Diese Schulden müsse sie nun an die Finanzbehörde zurückzahlen.
Laut Lange ist die Summe um ein Konglomerat von Altschulden, weil die Schulbehörde zur Konsolidierung beitragen sollte und einer nicht eingehaltenen Sparquote, die vorsah, dass Stellen temporär unbesetzt bleiben. Lange: „Dass man eine gewisse Flexibilität hat, ist klar. Aber mit dieser Größenordnung hat das nichts zu tun.“ Die rot-grün geführte Behörde sei „ein Wiederholungstäter im Überziehen des Budgets“.
In einem Dreiergespräch mit Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und Finanzsenator Gunnar Uldall (CDU) will Lange nun über einen „Schuldentilgungsplan“ sprechen. „Wünschenswert wäre, dass die Schulbehörde zig Millionen Euro mehr bekommt.“ Doch angesichts der neuen Sparrunde – 75 Millionen Euro weniger im Haushalt 2003 und 2004 – scheint dies nicht realistisch.
Die Misere könnte Lange aber nicht ungelegen kommen. Dürfte es doch für weitere Sparauflagen wie größere Klassen mehr Verständnis geben, wenn die Vorgängerregierung als Schludrian dasteht. Lange deutete an, dass die ab 2003 beginnende Pensionierungwelle für Ein-sparungen genutzt wird.
Ganz so überraschend ist das Haushaltsloch allerdings nicht. Auch andere Ressorts haben ihre alten Sparquoten nicht voll erbracht. Dass sich daraus und aus steigenden Schülerzahlen Probleme ergeben werden, darauf hat die SPD-Politikerin Britta Ernst erst kürzlich in einer Kleinen Anfragen hingewiesen. Der neue Senat, so mahnte sie, solle die 100 neuen Stellen, die er für 2002 bewilligte, nicht als „große Wohltat“ verkaufen. Ernst: „Die werden allein für die zusätzlichen Schüler gebraucht.“ Lange weist das zurück: „Die 6,5 Millionen Euro, die wir für die 100 Stellen einbringen, sind fresh money.“
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen