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Perschau: Wir strengen uns an

Bremens Finanzsenator rechnet ab 2005 mit Bundes-Hilfen „in Höhe eines neuen Sanierungsprogramms“ für Bremen. Die große Koalition habe sich zwar angestrengt, aber das deutsche Steuersystem belohne solche Anstrengungen nicht

„Die große Koalition ist mit dem Ziel angetreten, alle Anstrengungen zu unternehmen, um durch die Sanierung der bremischen Haushalte die Selbständigkeit des Bundeslandes auf Dauer zu sichern“, so verschroben präsentiert Bremens Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) in der schriftlich verbreiteten Erklärung den Sanierungsbericht 2001 (vgl. taz 13.5.). Die Formel: Er hat sich ständig bemüht, das Klassenziel zu erreichen ist auch hier die Umschreibung für: Klassenziel nicht erreicht. Schon im Controlling-Bericht für 2001 hatte Perschau einräumen müssen, dass das konsumtive Finanzierungsdefizit, das bis 2005 auf Null gebracht werden muss, im Jahre 2001 wieder gestiegen ist – auf stolze 1,075 Milliarden Mark. Schon nach der derzeitigen Prognose wird die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben im Jahre 2005 noch 350 Millionen Euro betragen. Zusätzlich zu dem konsumtiven Defizit erhöht sich der Bremer Schuldenberg jedes Jahr um etwa 500 Millionen Euro, weil die Investitionen des Städtestaates komplett über Kredite finanziert werden.

Dass für 2005 kein verfassungskonformer Haushalt möglich ist, hat einen schlichten Grund: Die Ausgaben steigen, wenn auch „moderat“, wie der Sanierungsbericht formuliert, die Sanierungshilfen laufen mit schrittweise sinkenden Beträgen aus, und die originären Steuer-Einnahmen stagnieren. Neue Arbeitsplätze, klagte Perschau, schlagen sich derzeit nicht in steigenden Steuereinnahmen nieder. Dafür ist nach Perschau die Steuerreform der Bundesregierung verantwortlich: „Im Steuersystem ist etwas falsch“, sagt er und fordert eine umfassende Reform. Bis dahin hofft Perschau auf Ausgleichszahlungen des Bundes, die der Kanzler „in der Höhe eines neuen Sanierungsprogrammes“ versprochen hatte, als er sich vor zwei Jahren im Bundesrat das „Ja“ Bremens zu dieser Reform mit der Zusage erkauft hat.

Finanzstaatsrat Günter Dannemann dagegen geht davon aus, dass dieses Geld nicht freiwillig fließen wird und ein neuer Gang zum Bundesverfassungsgericht „wahrscheinlich“ werde (vgl. taz 27.5.). Diese öffentliche Äußerung findet Perschau nicht besonders hilfreich. „Ich halte es für absurd, heute darüber zu spekulieren“, sagt er zu den Überlegungen seines Behördenleiters.

Wenn im „Finanzplanungsrat“, zu dem sich die Finanzminister von Bund und Ländern heute in Berlin zusammensetzen, der Bremer Sanierungsbericht zu kritischen Bemerkungen Anlass gibt, dann sei das auf die Wahlkampf-Atmosphäre zurückzuführen, versicherte Perschau. Auf die Frage, wie deutlich die Steuermindereinnahmen für Bremen ausgefallen wären, wenn die CDU/CSU ihr Steuerreform-Konzept umgesetzt hätte, gab Perschau keine Antwort.

Artig haben die Finanzminister und -senatoren der 16 Bundesländer jüngst in Bad Pyrmont ihre „Verantwortung zur Einhaltung der Bestimmungen des Maastricht-Vertrages und des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes“ unterstrichen. Im Finanzplanungsrat in Berlin wird es heute darum gehen, wie die in einer internen Übersicht für 2006 stehenden fünf Milliarden Euro Defizit wegradiert werden können. Die deutsche Stabilitätsverpflichtung gegenüber der EU verdonnert Bund und Länder vom 1. Juli an gesetzlich zu strikter Haushaltsdisziplin. K.W.

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