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Endlich faul sein

Was tun am heißesten 18. Juni seit Kaisers Zeiten? Warmes trinken und nicht lüften, wenns draußen noch heißer ist, raten Experten

von KAIJA KUTTER

In Fuhlsbüttel lag die Temperatur laut Wetterdienst gestern früh um 10 Uhr schon bei 27 Grad im Schatten. Jener Wert, auf den Generationen von Schülern stets gehofft haben, wenn sie in der ersten großen Pause aufs Thermometer schielten.

Doch Hamburgs Schüler hatten gestern am heißesten 18. Juni seit 1917 so gut wie kein Hitzefrei. Oberstufenschüler haben ohnehin kein Recht darauf, an heißen Tagen ins Freie zu dürfen. Und die Mittelstufler hatten gestern ihren Sozialen Tag. Die Jüngsten hingegen besuchten die verlässliche Halbtagsschule bis 13 Uhr. „An Grundschulen darf nur Hitzefrei gegeben werden, wenn der Schulleiter alle Eltern erreicht und sicherstellt, dass jemand die Kinder zu Hause empfängt“, erklärt Schulbehördensprecher Hendrik Lange. Schade, hat doch so die gestrige Hitzesensation – die laut Wetterdienst heute schon wieder durch weniegr heiße Meeresluft verdrängt sein wird – wenig Nutzen.

Für Bewohner von Dachgeschossen war sie zudem eine Qual. Zu spät kam hier sicher der Rat von der Energieberatung der Verbraucherzentrale, nicht am Tage, sondern früh morgens oder in der Nacht zu lüften, weil sonst nur noch mehr Hitze in den Raum gelangt. Paradox klingt auch der Tipp von Ernährungsberaterin Silke Schwartau: „Wenn man schwitzt, kann ein warmer Tee besser sein als kalte Getränke.“ Denn gegen kalte Flüssigkeit heizt der Körper an.

Trinken ist überhaupt das Wichtigste an solchen Tagen. „Sie sollten Ihre Flüssigkeitsmenge verdoppeln“, empfiehlt Hausarzt Friedrich Hach. Dabei zähle aber der Kaffee, den Workaholics literweise wegschlürfen, gar nicht mit. Der Arzt empfielt Bouillons und Gemüsesuppen oder für alle, die nichts falsch machen wollen, die Leerung von drei Flaschen Selter am Tag. Essen muss der Mensch an solchen Tagen nicht viel, und wenn, dann am besten Mittelmeerküche. Und statt fettem Sahneeis sollten wir lieber kalorienarmes Wassereis schlürfen. Allerdings, das räumen die Berater ein, tut ein leckeres Eis auch der Psyche gut.

Friedrich Hach hat zudem eine gute Nachricht für Bewegungsmuffel. Sie dürfen heute mit gutem Gewissen faul sein. Hach: „Wer sich bewegt, produziert Wärme. Die muss über den Körper wieder abgeleitet werden.“ Folglich sollten wir uns an Tagen wie gestern möglichst wenig rühren und „lieber Fahrstuhl fahren statt Treppe steigen“.

Auch wer instinktiv am liebsten einfach nur drinnen bleibt, macht es richtig. Sonne ist aus medizinischer Sicht an solch heißen Tagen gar nicht verträglich. Hach: „Sonnenbaden ist bei dieser Hitze geradezu idiotisch.“ In den Räumen sollte mensch aber für leichte Zugluft sorgen, Hach empfiehlt, dafür doch die Fenster zu öffnen oder aber den ansonsten als Energieverbraucher geschmähten Ventilator anzustellen.

Mit einem solchen ist auch jenen armen Teufeln geholfen, die des Nachts in einer aufgeheizten Dachwohnung mit Flachdach schwitzen. Drei nasse Bettlaken auf eine Leine hängen, die quer durch Zimmer gespannt sind, hängen und mit dem Ventilator anpusten: So lässt sich Verdunstungskälte erzeugen. Der einzigen Verbündeten bei brutigen 33 Grad im Schatten.

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