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An Tanksäule 4 für eine gute Sache

Zum ersten Mal fand gestern in Berlin ein „sozialer Tag“ statt. Statt im Klassenzimmer zu schwitzen, jobbten 400 Schüler bei der Erdbeerernte, an Tankstellen oder in Parteibüros. Ihren Lohn spendeten sie für Hilfsprojekte auf dem Balkan

von CHRISTOPH SCHULZE

Die Sonne brannte gnadenlos auf die jungen Tagelöhner in den Vorgärten der Mollstraße in Mitte. Kehren, jäten, mulchen, wässern stand auf dem Programm, von morgens um halb neun bis um 15 Uhr. Die sechzehn Schüler waren mitnichten Delinquenten, die ihre Strafstunden absolvieren, wie eine Passantin vermutete. Vielmehr engagierten sie sich durch die Gartenarbeit – völlig freiwillig – für Hilfsprojekte auf dem Balkan.

Schon mehrfach fand in Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen ein „sozialer Tag“ statt. Das Konzept ist einfach: Statt im Unterricht zu sitzen, suchen sich Schüler für einen Tag einen Job, der Lohn wird gespendet. Dafür wurden die Initiatoren Anfang Juni mit dem Westfälischen Friedenspreis geehrt. Gestern beteiligten sich erstmals auch drei Schulen aus Berlin. Rund 400 Schüler machten mit, ein paar tausend Euro für die Aktion „Schüler helfen Leben“ kamen zusammen.

Auch Dominique und Tanja vom Max-Planck-Gymnasium waren mit Schubkarre und Harke ausgerüstet beim Arbeitstrupp in der Mollstraße dabei. Die beiden 17-Jährigen freuten sich über die Abwechslung vom Schulalltag und auf die von ihrem Arbeitgeber, einer Wohnungsgenossenschaft, versprochene Pause mit Brause und Bockwurst. „Es ist doch gut zu helfen, das bringt was“, fand Tanja, die sich demnächst auch ehrenamtlich in einem Kinderferienlager engagieren will. Deshalb würde sie sich nicht ärgern, das fast sichere Hitzefrei an ihrer Schule zu versäumen. Die fünf Euro Lohn je Stunde Arbeit werden zum Beispiel einem Jugendtreff im Kosovo zugute kommen.

Andere Schüler suchten sich ihre Tagelöhnerjobs bei der Erdbeerernte der Eltern oder in einer Geschäftsstelle der PDS. Die 15-jährige Anja, sie geht in die neunte Klasse des Max-Planck-Gymnasiums, war als Aushilfe in einer Shell-Tankstelle am Lehrter Stadtbahnhof tätig. „Ich mache mit, weil ich ein Zeichen setzen will. Mir ist das Schicksal von anderen nicht egal“, sagte Anja. Bis auf sechs haben sich alle 29 Schüler aus ihrer Klasse an der Aktion beteiligt, als spießig gilt das gemeinnützige Arbeiten also offenbar nicht.

Dass ihr Arbeitgeber, der Shell-Konzern, gemeinhin keinen guten Ruf habe – Stichworte: Brent Spar, Nigeria –, habe Anja gewusst, „aber letztlich kommt es ja drauf an, dass Geld für eine gute Sache hereinkommt. Trotzdem sind mir die Skandale natürlich nicht egal.“ 25 Euro hat die Gymnasiastin am Ende verdient, für fünf Stunden lang Regale säubern und einräumen.

Die Initiative für den ersten „sozialen Tag“ in Berlin kam von Schülerinnen: Nele Jahnke und Fiorina Herrmann regten die Aktion an. „Es war schwierig“, erzählt die 18-jährige Nele, „viele, besonders potenzielle Arbeitgeber, waren anfangs sehr skeptisch.“ Uneigennütziges Engagement würde Jugendlichen kaum zugetraut. Selbstredend war die Elftklässlerin gestern auch selbst aktiv: In einem Büro der Grünen half sie aus. Alles in allem ist Nele zufrieden, beim nächsten sozialen Tag in zwei Jahren will sie sich wieder einbringen, „auch wenn ich dann wahrscheinlich mitten in den Abiprüfungen stecke.“

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