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Kampfstark unkämpferisch

IG Bau lässt bei ihrem ersten Streik seit 1949 die Basis marschieren. Die inhaltliche Ausrichtung der IG Bau hat sich gewandelt, doch ihre Ausrichtung ist traditionell sozialdemokratisch geblieben

von KAI VON APPEN

Im Bauarbeiterstreik zeigt die IG Bau in der Wirtschaftsregion Hamburg weiter Muskeln und hat ihre Arbeitskampfmaßnahmen nach Norden und Osten ausgedehnt. Seit gestern Nacht wird die Mecklenburger Firma Hoch- und Tiefbau Gardebusch (HTG) bestreikt, die in Hamburg auf vielen Baustellen tätig ist. Bauarbeiter aus Hamburg rückten an und blockierten seit vier Uhr den Betrieb. „40 Bauarbeiter konnten nicht ausrücken und sind nach einigen Stunden nach Hause gefahren“, berichtet IG Bau-Sprecher Andreas Suß.

Die HTG ist eine der berüchtigten Firmen, die laut Streikleiter Jürgen Lau „mit Dumpinglöhnen arbeiten und den Markt kaputtmachen“. Der Kampf gegen Dumping-Lohn-Praxis ist der Hintergrund des Arbeitskampfes, der offiziell für 4,5 Prozent mehr Lohn geführt wird. Seit der Frühschicht ruht auch auf einer Großbaustelle in Lübeck sowie auf Baustellen im nördlichen Speckgürtel Hamburgs die Arbeit.

In Hamburg ist indes schon Streikalltag eingetreten, die „Task Force Streik“ ist in Sachen „Baustellensicherung“ ständig im Einsatz – gestern Vormittag auf einer Baustelle im Schanzenviertel. Hier war die bundesweit bekannte Firma „Budimex“ als Subunternehmer mit polnischen Arbeitern tätig. Suß: „Die polnischen Kollegen haben nach unserem Erscheinen die Baustelle verlassen und sind mit uns in unser Streikzelt gefahren.“

Die IG Bau gibt sich in ihrem ersten Streik seit 1949 routiniert. „Wir werden die Streiks noch ausdehnen“, kündigt Suß gegenüber der taz hamburg an. Die IG Bau – früher „Bau, Steine, Erden“ (BSE) – ist eine traditionell kampfstarke, aber keine kämpferische Gewerkschaft. Geprägt von ihrem legendären rechtssozialdemokratischen Vorsitzenden und späterem Verkehrs- und Verteidigungsminister Georg Leber gehörte die BSE – Spitzname „Betongewerkschaft“ – stets zu den Konservativen im DGB. Das zeigt sich noch heute in der Lohnforderung im Vergleich zu anderen Branchen. Doch wenn die Führung rief, stand die Basis Gewehr bei Fuß. 1995 fusionierte die BSE mit der Gewerkschaft GGLF (Gartenbau, Landwirtschaft, Forsten) zur IG Bau, Agrar Umwelt. Ökologische Ansätze wurden programmatisch aufgenommen. Trotzdem: Wenn die Führung ruft, marschiert die Basis.

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