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Remonstration

Hamburger Gesamtschul-Leitungen halten die Kürzungen an ihrer Schulform für unrechtmäßig

Wenn Beamte ihren Unmut über Befehle von oben äußern wollen, ist das eine heikle Angelegenheit. Denn im Tausch gegen die Unkündbarkeit sind sie per Gesetz zu Diskretion und Fügsamkeit verpflichtet. Deshalb dürfen sie nicht demonstrieren. Nur wenn sie rechtliche Bedenken gegen eine Dienstanweisung haben, dann dürfen sie die äußern. Das nennt sich Remonstration. Zu diesem ungewöhnlichen Mittel haben jetzt 32 der 39 Hamburger Gesamtschulleitungen gegriffen: Sie haben gegen die Anweisung remonstriert, den Unterricht an Gesamtschulen künftig mit 10,3 Prozent weniger Lehrerstellen durchzuführen. Hält die Schulbehörde die Anweisung aufrecht, muss sie auch die Verantwortung übernehmen. Die SchulleiterInnen sind dann zwar für die Umsetzung, aber nicht für deren Folgen zuständig.

Die Schulleiter sehen durch die Kürzung den „gesetzlich definierten Bildungsauftrag der integrierten Gesamtschule“ gefährdet. Denn weil die Grundstunden nicht angetastet werden können, würde mehr als ein Drittel der Teilungs- und Förderstunden wegfallen. Die aber sind es, die der Gesamtschule ermöglichen, Jugendliche auf drei unterschiedliche Schulabschlüsse vorzubereiten. Die „ordnungsgemäße Durchführung der Unterrichts- und Erziehungsarbeit“ sei mit der Kürzung nicht zu leisten. Unterrichts- und Sozialorganisation müssten völlig neu konzipiert werden. Das sei in den verbleibenden Wochen bis zum neuen Schuljahr unmöglich.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft bezeichnete die Remonstration gestern als „einmalige Aktion in der deutschen Schulgeschichte“. san

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