: Clement propagiert ein kleines bisschen Rückzug
Politiker sollen aus den Öffentlich-Rechtlichen raus, so will es Clement. Nur bei dem Streit um den Kabelmarkt soll die Regierung eingreifen
KÖLN taz ■ Mediengroßkongresse funktionieren so: Zu viele Herren in Anzügen sitzen auf der Bühne, die Technik versagt und der zuständige Ministerpräsident macht eine medienpolitische Ansage. Da das Medienforum Nordrhein-Westfalen derzeit zum 13. Mal Köln heimsucht, war gestern Wolfgang Clement (SPD) dran. Seine Forderung: Rückzug der Politiker aus den öffentlich-rechtlichen Anstalten und Erleichterungen für künftige Interessenten am maroden deutschen TV-Kabelnetz.
Clement, der wie seine schleswig-holsteinische Amts- und Parteikollegin Hilde Simonis nach den Erfahrungen der jüngsten Intendantenwahl beim ZDF aus dem Verwaltungsrat der Anstalt ausgeschieden ist, bläst nun zum generellen „Rückzug der Regierungsvertreter“ aus den Gremien der Öffentlich-Rechtlichen: Es könne nicht sein, dass Spitzenpolitiker, „die Gegenstand kritischer Berichterstattung sind, gleichzeitig Entscheidungsgewalt im Sender haben“, sagte Clement bei der Eröffnung des Forums. Gemeinsam mit Simonis will er nun „in Kürze eine unabhängige Persönlichkeit“ präsentieren, die seinen Platz im obersten ZDF-Gremium einnimmt. Mit den anderen Länderchefs – im 14-köpfigen ZDF-Verwaltungsrat sitzen auch die Unionspolitiker Edmund Stoiber und Bernhard Vogel sowie Clements Parteifreund Kurt Beck – soll „ernsthaft beraten werden“, ob sie sich diesem Schritt anschließen.
Um wieder Bewegung in den festgefahrenen deutschen Kabelmarkt zu bringen, fordert Clement ein aktives Eingreifen der Bundesregierung. Denn nachdem das Kartellamt die Übernahme eines Großteils des Kabelnetzes durch den US-Konzern Liberty Media de facto untersagt habe, sei man nun in einer „Zwickmühle“: Nicht nur die Wettbewerbshüter sollten ihre Position nochmals überdenken, Clement wünscht, dass auch Liberty „noch mal nachdenkt“. Sollte sich herausstellen, „dass ein Geschäftsmodell auf der einen Seite wettbewerbsrechtlich zulässig ist, sich aber langfristig nicht refinanzieren lässt, dann kann etwas mit den Parametern der Marktbeschreibung nicht stimmen“. Clement vollzog damit schon fast einen Gesinnungswandel: Letztes Jahr hatte auch er eine genaue Prüfung des Kabelverkaufs durch die Kartellbehörden gefordert.
Auch der Direktor der Landesmedienanstalt NRW, Norbert Schneider, will das Dilemma medienpolitisch lösen: Unter den gegebenen Bedingungen halte er „nichts davon, jetzt wieder eine Bank loszuschicken, die neue Investoren sucht. Es hat keinen Sinn. Es gibt keine.“ Ziel müsse sein, interessierten Unternehmen die Möglichkeit zu geben, erfolgversprechende Geschäftsmodelle umzusetzen. „Wir haben die Falschen fragen müssen“, so Schneider, das Kartellrecht sei mit derartigen Strukturentscheidungen überfordert.
Clement forderte außerdem die Auflösung der Netzebenen drei und vier, die den Kabelzugang zu den Haushalten beinhaltet. Die Ebene vier wird zum Teil von kleinen Kabelgesellschaften besetzt, die aus Sicht großer Netzbetreiber den Ausbau erschweren. STEFFEN GRIMBERG
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