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Russland kommt mit ins Boot

Der G-8-Gipfel soll in vier Jahren erstmals in Moskau ausgerichtet werden. Kritiker bemängeln eine Entschuldungsinitiative für die ärmsten Länder durch die führenden Industrienationen. Ein Anti-Terror-Paket für Luft- und Schifffahrt ist verabschiedet

CALGARY rtr/dpa/afp/taz ■ Russland soll 2006 Vollmitglied der Gruppe der acht führenden Länder dieser Welt (G 8) werden und dann erstmals den Weltwirtschaftsgipfel ausrichten. Die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrienationen beschlossen im kanadischen Ferienort Kananaskis, Russland in vier Jahren in das gesamte Gefüge der G 8 und ihrer Untergruppierungen, etwa im Finanzministerbereich, aufzunehmen. Darüber hinaus wollen die USA und die Europäer nach den Worten des deutschen Gipfelbeauftragten Alfred Tacke Russland mit bis zu 20 Milliarden Dollar (rund 20,3 Milliarden Euro) unterstützen, gefährliches Nuklearmaterial zu beseitigen oder sicher zu lagern.

„Heute haben wir eine historische Entscheidung für die Zukunft der G 8 getroffen“, hieß es in einer Erklärung. Russland habe bewiesen, dass es eine wichtige und sinnvolle Rolle bei der Lösung globaler Probleme spielen könne. Zugleich bedeute die Entscheidung eine Anerkennung der wirtschaftlichen und demokratischen Umwandlung des Landes. Russland hatte vor zehn Jahren als Gast erstmals an einem solchen Gipfeltreffen teilgenommen und war bisher nur teilweise in Prozesse der sieben führenden Industrienationen einbezogen. Bei Beratungen über wirtschaftliche und finanzielle Fragen blieb es ausgespart. Die Gipfelteilnehmer einigten sich außerdem darauf, für die Entschuldungsinitiative zu Gunsten der ärmsten Länder (HIPC) zusätzlich eine Milliarde Dollar aufzuwenden. Tacke zufolge soll ein Teil des Geldes der weiteren Entschuldung dienen, ein anderer Teil Länder mit „guter Regierungsführung“ entlasten.

Hilfsorganisationen monierten jedoch, dass die Summe kaum dafür reichen werde, den Preisverfall bei Kaffee oder Baumwolle auszugleichen, Produkte, die für die Wirtschaften zahlreicher Entwicklungsländer wichtig sind. Nach einem Bericht des britischen Rundfunksenders BBC wies der Chef des kanadischen Zweigs der Hilfsorganisation Care, Andrew Graham, darauf hin, dass die zur Verfügung gestellte Summe die Schuldenrückzahlung der Entwicklungsländer für gerade mal 50 Tage decke.

Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus beschlossen die G-8-Länder ein Programm für Sicherheitsmaßnahmen für den Luft- und Seeverkehr. So sollen Reisedokumente weltweit fälschungssicherer gemacht werden. Dazu sollen auch biometrische – also einmalige menschliche Merkmale wie Fingerabdrücke oder Eigenschaften der Augen – verzeichnet werden. Zwischen den Staaten soll der Informationsaustausch über gestohlene Dokumente verbessert werden.

Vor allem die USA setzten sich dafür ein, Schiffscontainer besser kontrollieren zu können. Die US-Regierung will verhindern, das Waffen und Terroristen in Containern unbemerkt ins Land kommen. 48 Millionen dieser Container werden jährlich importiert und exportiert.

Piloten der mehr als 14.000 Flugzeuge, aus der die weltweite zivile Luftflotte besteht, sollen künftig durch stärkere Türen zum Cockpit vor Terroristen geschützt werden. Im Seeverkehr wird angestrebt, bis 2004 auf bestimmten Schiffen ein automatisches System zur Ortung und Identifizierung einzusetzen.

Einige kanadische Globalisierungskritiker in Calgary, das etwa 100 Kilometer vom Tagungsort entfernt liegt, ließen sich unterdessen eine ungewöhnliche Aktionsform einfallen: Durch fleißiges Gruppenstricken wollten sie ihrer Kritik an den Folgen der Globalisierung Ausdruck verleihen. Der „Revolutionäre Strickkreis“ organisierte ein öffentliches Proteststricken, das den Zusammenhalt der Globalisierungsopfer symbolisieren sollte. Aus dem Strickwerk sollten anschließend Decken für Obdachlose hergestellt werden.

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