: Nein, nein, nicht doch
Es geht ganz einfach: Man nimmt nur ein ‚n‘, man nimmt ein ‚e‘, ein ‚i‘ und ein ‚n‘. Ja, what’s that spell? NEIN. Also NO, NEM, NEJ, NIE. Immer nur: Nein. Das Erkennungswort der internationalen Brigade der Ich-esse-meine-Suppe-nicht-Verweigerer. Die wie alle Neinsager auch mal klein angefangen haben. „Ich will das so nicht haben.“ Die Trotzphase. Alles noch im vorpolitischen Raum, schon. Aber immerhin. Wird doch das markante Wort nicht nur von der Elternschaft misstrauisch beäugt. Hört man nicht so gern. Hat kaum Kredit in Führungskreisen. Aber ja, meine Güte, wo bleibt denn nun das Positive? Während sorgsam ausgestreuter Zweifel und rotzlöffelhafte Verweigerung die Dinge doch immer noch gehörig durcheinander gerüttelt haben. Na ja: Manchmal wenigstens. Bevor dann an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Folge das blanke Nichts der Sommerpause regiert, trifft man sich dort jetzt am Wochenende, um sich dem Thema „Die Kraft der Negation“ von den verschiedensten Seiten her zu nähern. Der große schwarze Block der Verneinung. Das Nichteinverstandensein als erster Angriff auf die bestehenden Verhältnisse. Bei dem von Diedrich Diederichsen kuratierten kulturellen Kompaktseminar soll durchaus auch die Tragfähigkeit der Verneinung diskutiert werden. Ob denn die große Geste der Negation noch angemessen ist, wenn sie sich nur mehr streng manichäisch auf die Feststellung der Gegnerschaft zurückzieht? Vielleicht wird dabei auch noch einmal der Blick auf die Zeiten gelenkt, als man mit Hilfe der Überaffirmation so eine Art Verweigerungsstrategie entwickelte: Das doppelte Ja, das irgendwie wieder Nein heißen sollte (um dann nur zu sehen, dass die zuerst genaseweiste Gesellschaft bei diesem Spiel die nach vorn preschende Peergroup flugs wieder einholte). Gleichwohl: Bei der Frage nach der „Kraft der Negation“ soll gerade die Schnittstelle zwischen künstlerischer und politischer Kommunikation verhandelt werden. Was so auch hörbar macht, wie sich die Musik mit solchen Fragen herumplagt: Am Samstag schlägt das New Yorker Quartett Black Dice Noise-Variationen als negative Musik vor, und das Ensemble Zeitkratzer nähert sich der am Sonntag konzeptuell. Kann dann Death Metal oder ganz stille Musik sein. Nicht fehlen darf der große Vorsitzende aller negativen Dialektik: Theodor Wiesengrund Adorno, anwesend in einer Videoinstallation. In einem Film von Gintras Makarevicius begleitet man eine Familie von Totengräbern bei der Ausübung ihres Berufs. „They live! Not“, ein Sprechtext mit verteilten Rollen von René Pollesch wird präsentiert. Es gibt Vorträge, Diskussionsrunden. Und zwischendurch holt man sich vielleicht als aufmunterndes Nein zum Zahnschmelz ein Eis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen