: Bald ein Bremonaut
Reisen für Menschen in der Dagobert-Duck-Klasse: Eine Bremer Firma bietet Tripps zur Weltraumstation ISS an. Leider nicht zu Mallorca-Preisen
Zuerst schossen sie Hunde hinauf, dann kamen die Russen, die Amis, der Mann im Mond und grüne Marsmännchen. Es folgten Schweine im Weltall – und die Ossis. Der Erzgebirgler Sigmund Jähn war der erste Deutsche im All. Dann kamen die West-Missionen D 1, D 2 und das Space Shuttle, SDI. Und jetzt die ISS, die Internationale Weltraumstation, die so groß ist, dass Sternengucker sie als größten Punkt am Firmament wahrnehmen können. Ein Tripp ins All hat andere Kategorien als ein Besuch im Zoo – und deshalb gibt es jetzt endlich auch für Otto-Normalkrösusse die Möglichkeit, sich wegschießen zu lassen. Ausgerechnet in der Space Park-City Bremen.
„Uns gibt es seit zwei Tagen“, sagt Michael Schultz, der Pressemann von Space Connect. Die Tochter der Oberneuländer Event-Agentur Pro Toura will aus „Science Fiction Realität“ werden lassen, außerdem „Produkte und Dienstleistungen rund um die bemannte Raumfahrt“ anbieten. Schultz betont, das könnte vielleicht nicht jedermanns Sache sein: „Das sind keine Mallorca-Preise.“ Immerhin kostet Alltransport pro Kilo 25.000 Dollar.
Ein Griff in die Portokasse für die Multimillionäre Dennis Tito und Mark Shuttleworth. Sie waren schon oben, just for fun und lockere 20 Millionen Dollar. Michael Jackson soll jetzt überlegen, ob er auch will. Der Südafrikaner Shuttleworth wurde immerhin zu Hause berühmt und als erster „Afronaut“ gefeiert – fliegen jetzt bald Bremonauten?
Pressemann Schultz wird zögerlich: „Gebucht haben wir noch nix.“ Immerhin ärgern die Amis die Weltraumeskapaden der dauerklammen Russen, auf deren Ticket die Millionäre flogen, derzeit noch. Und es gibt noch mehr Trouble um die Weltraumtouristen: Schultz verweist auf die zwei russischen Ministerien, die Raketenfirma und die Raumfahrtagentur, die zu überzeugen seien.
Aber: Er hält es für möglich, dass die Bremer einen der beiden geplanten Flüge im nächsten Jahr mit einer Privatperson bestücken können. Wer hoch hinaus will, sollte gesundheitlich toppfit sein – und ziemlich bald buchen. Die Trainingsphase dauert mindestens sechs Monate.
„Die Plätze sind heiß begehrt“, heißt es zu den Realisierungsmöglichkeiten der Space-Odysee auf der Hompage der Firma. Deshalb könne Space Connect „nicht garantieren, dass Sie einen Platz in ihrer Wunsch-Mission bekommen. Aber wir können Sie bei den entscheidenden Schritten dorthin wirksam unterstützen.“ Klingt nach Versprechungen in der Hütchenspieler-Klasse.
Aber Space Connect verfüge, so Schultz, über „viel versprechende Kontakte“. Immerhin hat die Firma des Piloten und Fluglehrers Walter Drasl gerade zwei Wolfsburger Gewinner einer Online-Lotterie zum Kosmonauten-Schnuppertraining ins russische Sternenstädtchen geschickt. Dort durften sie in der Zentrifuge schwitzen. Ein Höllenritt, für den Nicht-Gewinner normalerweise 7.000 Euro zahlen. Und: Space Connect war die Firma, die per Kontakt zum Raumfahrtunternehmen Astrium im vergangenen Jahr den ersten Privatmann zum Kosmonauten-Überlebenstraining ans Schwarze Meer schickte.
„Es gibt eine Menge Firmen, die wollen – wir können“, betont PR-Mann Schultz. Alles sei möglich. Menschen, die in der Phantastilliarden-Kategorie denken, können sogar einen kompletten Flug mit dem russischen Raumfahrt-Taxi Sojus buchen. Schultz: „Da gibt es keine Listenpreise. Aber als Hausnummer sage ich mal so 50, 60 Millionen Dollar.“ Space Connect könne da „sicher ein bundle schnüren“.
Das ganze sei ja vor allem für Firmen interessant. Schultz kann sich Live-Schaltungen zur ISS vorstellen, bei denen eine Kreditkarte präsentiert wird. Oder was ganz Neues: „Eine Pressekonferenz im europäischen Weltraumzentrum in Kourou.“ Immerhin hätten die Kippenfirma „West“ oder der Schnellimbiß „Pizza Hut“ ja auch schon „Raketen gebrandet“, so Schultz.
Auch wenn der Ausflug auf die ISS die nächsten Jahre, Jahrzehnte nur wenigen Menschen in der Dagobert-Duck-Klasse vorbehalten sein wird. Und auch, wenn man an Space Connect und seinen Connections zweifeln mag. Träumen ist erlaubt. Und: die Bremer bieten auch erdnahe Tripps ins Space-Business an, „Programme und Lösungen, die neue Meilensteine im Zukunftsmarkt Weltraum-Tourismus setzen.“ Simple Ausflüge in Bremer Flugsimulatoren oder auch eine Reise zum Start eines Space Shuttle nach Cape Canaveral (ab 3.000 Euro).
Kai Schöneberg
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