wahlverwandtschaften im deutschen bundestag::
380 Delegierte stimmten am Donnerstag für eine Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses mit barocker Fassade, die so genannte „Alternative A“. Rigoros gegen ein Stadtschloss votierten insgesamt nur 62 Delegierte, davon alleine 40 SPDler. Mehrheitlich Hinterbänkler, aber flankiert von prominenten Neinsagern wie Ulla Schmidt, Andrea Nahles und Peter Struck. Auch Bau-Gewerkschaftler Klaus Wiesehügel sagte nein. Befürchtet er, die historisierende Fassade nur unter drastischen Tarifkämpfen errichten zu können? Otto Schily, ganz Bourgeois, stimmte für den Monarchenbau erst gar nicht ab.
Die CDU/CSU Fraktion begeistert sich nahezu in toto für den Barock-Look. Einzige Renegaten: ein gewisser Heiner Geißler war für Variante B, die Neuausschreibung eines Architektenwettbewerbes. Nein sagte nur ein Duisburger, Horst Günther. Übrigens: Dr. Helmut Kohl nahm an der Abstimmung nicht teil, ebenso wenig Erika Steinbach. Offenbar geht es den Vertriebenen eher um noch existierende Schlösser anderswo.
Prozentual deutlich mehr Anti-Schlossionäre gab es bei den Grünen. Darunter Christine Scheel, Hans-Christian Ströbele, Jürgen Trittin und Volker Beck. Haushaltspolitiker Oswald Metzger suchte offensichtlich angesichts der erwartbaren Baukosten schon vorher das Weite. Rezzo Schlauch und Ludger Volmer schwänzten ebenso, als es um die Geschmacksfrage ging.
Mit Guido Westerwelle sind bei der FDP fast alle für ein barockes Gründer-Zentrum in Berlins Mitte – und hoffentlich auch für eine private Finanzierung. Auch bei der PDS scherte kaum jemand aus. Fast geschlossen marschierten die Sozialisten für Variante B. Nur zwei konnten dem feudalen Bau der einstigen Exproprietäre etwas abgewinnen.
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