: Akteneinsicht mit Auflagen möglich
Bundestag beschließt mit Stimmen der FDP das Stasi-Unterlagen-Gesetz. Danach darf die Birthler-Behörde Akten von Personen der Zeitgeschichte nach streng definierten Kriterien herausgeben. Zustimmung des Bundesrats gilt als sicher
BERLIN dpa ■ Die Stasi-Unterlagen-Behörde darf in Kürze wieder Akten über Prominente veröffentlichen. Der Bundestag änderte Donnerstagabend gegen den Widerstand der Union das Stasi-Unterlagen-Gesetz. Es wird voraussichtlich noch vor der Bundestagswahl in Kraft treten, weil der Bundesrat nach dem Einlenken der FDP keinen Einspruch mehr vorbringen dürfte. Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, begrüßte die nach langem Streit beschlossene Novelle. „Die Bundesrepublik nimmt die Aufarbeitung der zweiten deutschen Diktatur sehr ernst“, sagte Birthler. „Der Bundestag misst mit dieser Novellierung dem Schutz des Persönlichkeitsrechtes eine sehr hohe Bedeutung bei und sorgt zugleich dafür, dass für die Aufarbeitung dringend benötigte Unterlagen wieder zugänglich werden.“
Für die von SPD und Grünen eingebrachte Gesetzesnovelle stimmte auch die FDP, die PDS enthielt sich. Damit gab es erstmals in der zehnjährigen Geschichte des Gesetzes kein Einvernehmen im Parlament für den Umgang mit den Stasi-Akten. Ursprünglich war die FDP wie die Union gegen die rot-grüne Vorlage, weil sie den Opferschutz nicht ausreichend berücksichtigt sah. Ende voriger Woche verständigten sich jedoch SPD und Grüne überraschend mit der FDP auf einen Änderungsantrag. Das Gesetz wurde nun in einer „Kampfzustellung“ dem Bundesrat zugeleitet. Es gilt als wahrscheinlich, dass sich die Länderkammer bei ihrer letzten Sitzung vor der Wahl am 12. Juli damit befassen wird. Reagiert sie nicht auf die „Kampfzustellung“, tritt das Gesetz in Kraft.
Die Gesetzesänderung ist eine Reaktion auf das Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts, das die Herausgabe der Stasi-Akten über Exkanzler Helmut Kohl (CDU) verbot. Nach der jetzt verabschiedeten Fassung muss die Stasi-Unterlagen-Behörde vor einer Herausgabe von Akten prominenter Stasi-Opfer abwägen, ob die „Informationserhebung erkennbar auf einer Menschenrechtsverletzung beruht“. Damit sind auch Eingriffe in das Post- und Fernmeldegeheimnis sowie in die Unverletzlichkeit der Wohnung gemeint. Unterlagen mit personenbezogenen Informationen über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger in Ausübung ihres Amtes dürfen nur dann herausgegeben werden, wenn sie keine schutzwürdigen Persönlichkeitsrechte berühren. In der Neufassung wird zudem der Paragraf 14 gestrichen, nach dem ab 2003 Akten hätten geschwärzt werden können. Diese Streichung unterstützte auch die Union.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen