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Das große Schweigen nach der Räumung

Die Schliemannstraße 39, einst unter den ersten besetzten Häusern im Ostteil, steht mal wieder vor dem Verkauf

„Hier entstehen Wohnungen und Atelierflächen aus Mitteln des Förderprogramms Wohnungspolitische Selbsthilfe steht auf dem Bauschild vor dem Eingang der Schliemannstraße 39 in Prenzlauer Berg. Dahinter Graffiti in Erdgeschosshöhe, darüber blinde Fensterscheiben. Gebaut wird hier schon lange nicht mehr. Im März entdeckten Hausbesetzer die brachliegende Baustelle. Letzte Woche wurden sie von der Polizei geräumt, ein Anblick, den Anwohner aus den frühen Neunzigern gewohnt waren.

Da war die Schliemannstraße 39 schon mal besetzt. Die Bewohner wurden Mieter, nur der Eigentümer wechselte mehrfach. Momentan gehört das Grundstück der Wabe Bauentwicklung GmbH. Die hat es an den gemeinnützigen Kirchbauhof in Erbpacht vergeben. Seit Ende 1999 läuft ein Fördervertrag zur Sanierung über 2,6 Millionen Euro. Den Rest trägt Kirchbauhof als so genannte „Muskelhypothek“. Im Gegensatz zu anderen Selbsthilfeprojekten schuften hier nicht hauptsächlich die Bewohner. Kirchbauhof ist eine Beschäftigungs-GmbH, die Arbeitslose ausbildet und beschäftigt.

So lief es bis Herbst 2001. Da gerieten Wabe und Kirchbauhof wegen eines Versicherungsfalles aneinander. Wabe kündigte den Vertrag und seitdem ruht die Baustelle. An sich kann ein Erbaurecht nicht einfach so aufgekündigt werden. Kirchbauhof hätte also einfach weiter sanieren können. Doch auch die gGmbH scheint das Haus ganz gern abstoßen zu wollen.

Den Vertrag mit Wabe handelte der damalige Kirchbauhof-Geschäftsführer Matthias Roß aus. Nicht gerade zum Vorteil des Pächters, wie Insider berichten. Roß ist mittlerweile selbstständig tätig – unter anderem für Wabe. Er und Wabe-Chef Reinhold Wagner sind zum Thema nicht zu sprechen. Wagner sei im Urlaub, heißt es. Darüber wundert man sich in der Senatsbauverwaltung. Schließlich verhandeln Wabe und Kirchbauhof gerade über einen möglichen Nachfolger, der das Haus weiter saniert.

Auch Kirchbauhof-Geschäftsführer Jürgen Quandt ist nicht so einfach zu erreichen. Denn Quandt ist auch Pfarrer der Heilig-Kreuz-Kirche in Kreuzberg. Und als solcher zu beschäftigt, um sich wirklich um den Kirchbauhof kümmern zu können, munkeln Insider. Neben personellen sollen die gGmbH auch finanzielle Probleme plagen, wie alle gemeinnützigen Träger, denen der Senat das Geld kürzt.

Für die Schliemannstraße 39 ist die Förderung zwar gesichert. Nur wer die noch ausstehenden 1,6 Millionen Euro verbauen wird, ist unklar. Bestehende Mietverträge muss der neue Pächter übernehmen. Die Mieter, die schon seit April wieder im frisch sanierten Haus wohnen sollten, müssen also keine Angst haben. Nur eine gehörige Portion Geduld. ANETT KELLER

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