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Mäßige Zwischenbilanz

Seit drei Monaten gibt es Vermittlungsgutscheine. Private Jobvermittler sollen damit den trägen Arbeitsämtern beistehen. Keine Wunderwaffe gegen Arbeitslosigkeit

BERLIN taz ■ Michael K. war ein Vorzeige-Arbeitsloser. Der Angestellte einer kriselnden Filmfirma hat seine Arbeitslosenzeit genau so organisiert, wie sich das jetzt alle wünschen: Schon vor der Kündigung hatte er sich bei einem Vermittlungsbüro gemeldet, dort einen neuen Lebenslauf verfasst und Bewerbungen geschrieben. Zum Zeitpunkt der Kündigung hat er sich arbeitslos gemeldet, nach drei Monaten einen der neuen Arbeitsvermittlungsgutscheine bekommen und vier Monate später einen neuen Arbeitsplatz. Einziges Problem der Erfolgsgeschichte: Das Arbeitsamt will den von ihm selbst ausgestellten Vermittlungsgutschein nicht einlösen. Denn dafür ist der direkte Kontakt zwischen Arbeitgeber und Vermittler notwendig – Michael K. aber ist auf Anraten des Vermittlers alleine mit seinen zukünftigen Arbeitgebern in Kontakt getreten.

Dass er die Vermittlungsgebühr jetzt wahrscheinlich selbst zahlen muss, das regelt ein Gesetz, das am 27. März in Kraft getreten ist, um die Arbeit der Bundesanstalt für Arbeit nicht nur schneller, sondern nach dem Skandal um gefälschte Statistiken vor allem effizienter zu machen. Mit den so genannten Vermittlungsgutscheinen kann sich nach drei Monaten vergeblicher Jobsuch jeder Arbeitslose von privaten Vermittlern bei der Jobsuche helfen lassen. Je nach Dauer der Arbeitslosigkeit haben die Gutscheine einen Wert von 1.500, 2.000 oder 2.500 Euro.

Bisher sind zwar rund 66.400 Gutscheine ausgegeben worden – eingelöst wurden davon aber nur 1.234 Stück. „Das Gesetz ist sehr schnell zustande gekommen, deshalb müssen nicht nur die Arbeitslosen darüber informiert werden, sondern sich die neuen Arbeitsvermittler am Markt auch erst einmal finden“, erklärt Bernhard Weber, zuständiger Referatsleiter bei der Bundesanstalt für Arbeit. Man gehe aber von einer deutlichen Steigerung aus, habe man im April doch gerade mal sechs, im Mai über 200 und im Juni schon mehr als 900 Gutscheine eingelöst.

Vom Bundesverband für Personalvermittlung (BPV) sind die neuen Regelungen im Vorfeld scharf kritisiert worden. Auf Ablehnung stieß nicht nur die mangelnde Ausbildung der künftigen Vermittler, sondern auch deren Gehalt. „Dass sich bisher sehr wenig tut, hängt mit dem zu niedrigen Honorarsatz zusammen“, so Sieglinde Schneider, Sprecherin des BPV. Es lohne sich bisher einfach nicht, sich um die – zumeist schwieriger zu vermittelnden – Arbeitslosen zu kümmern. „Marktüblich sind zwei bis zweieinhalb Monatsgehälter“, so Schneider, „was jetzt aber nach einem relativ bürokratischen Prozess des Einreichens am Ende für die Vermittler bleibt, sind maximal 2.155 Euro.“ Zusammen mit dem Bundesarbeitsministerium hat man sich jetzt immerhin darauf verständigt, eine Zertifizierung zu schaffen, damit der Beruf qualitative Standards erhält.

Für den Personal-Coach Thomas Heinle liegt das Problem der Vermittlungsgutscheine aber ganz woanders: „Beim jetzigen Gesetz läuft die Vermittlung auf freiwilliger Basis. Was wir aber brauchen, ist eine verpflichtende Form“. Heinle arbeitet mit der Stadt München zusammen in einem Projekt, bei dem Sozialhilfeempfänger Arbeitsplätze vermittelt werden sollen. „Wie bei einem normalen Job werden sie 38,5 Stunden die Woche bei mir weitergebildet, nach ihren Wünschen befragt und auf Vorstellungsgespräche vorbereitet“, ist Heinle von seinem Konzept überzeugt. Auch davon, dass denen, die trotz Aufforderung nicht kommen, die Sozialhilfe gestrichen wird. Was aber, so Luise Pechmann vom Sozialamt München, dank deutlicher Ansprachen nur etwa bei einem Prozent aller Fälle vorkommt.

SUSANNE AMANN

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