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Kleiner Trost für Mittelständler

Bankenrichtlinie Basel II werden kleine Unternehmen weniger belasten, als befürchtet. Gestern beschloss die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich einen Kompromiss

HAMBURG taz ■ Der deutsche Mittelstand ist vorerst aus dem Schneider: Der jahrelange Streit um die Bankenrichtlinie Basel II, die Kriterien für die Kreditvergabe festlegt, scheint behoben. Gestern beschloss der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht ein Kompromisspaket. Darin werden Ausnahmen für kleine und mittlere Unternehmen festgelegt, sodass diesen der Zugang zu Krediten nicht weiter erschwert wird. Um Basel II hatte es jahrelange Zänkereien zwischen den USA, der Europäischen Union und Deutschland gegeben. Vor allem die Deutschen hatten sich für die Interessen des Mittelstands stark gemacht.

Die umstrittene Richtlinie Basel II wurde von der in Basel ansässigen Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), einer Art Oberbank der Zentralbanken, entworfen. Basel II soll einerseits die Stabilität des globalen Finanzsystems sichern, anderseits den Banken mehr finanziellen Spielraum verschaffen. Bislang müssen weltweit fast alle Kredite von den Banken mit acht Prozent Eigenkapital unterlegt werden, um das Risiko für die Geldverleiher einzugrenzen. Dies ist jedoch auch kostspielig: Für ein 100-Euro-Darlehen muss ein Kreditinstitut acht Euro Eigenkapital praktisch zinslos zurücklegen.

Ab 2005 sollte diese pauschale Regelung durch unterschiedlich teure Risikoklassen ersetzt werden. Ein sicheres Darlehen an die Bundesregierung oder den Siemens-Konzern wäre dann nahezu ohne (teure) Eigenkapitalbelastung möglich, während ein riskanter Kredit mit dem kleinen Friseursalon oder dem griechischen Schneider an der Ecke von der Bank viel Eigenkapital verlangt und daher teuer wird.

Dagegen rebellierte insbesondere der deutsche Mittelstand. Im Gegensatz zum amerikanischen Kleingewerbe, das sich zu einem großen Teil an den Aktienmärkten finanziert, hängen die Deutschen fast vollständig von Krediten ab. Der hiesige Mittelstand befürchtete zu Recht, zukünftig noch mehr für einen Kredit bezahlen zu müssen.

Der gestrige Beschluss sieht nun Ausnahmen für den Mittelstand vor: Darlehen von bis zu einer Million Euro bleiben von Basel II unberührt. Ebenso wird für Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu 50 Millionen Euro nun doch kein Risikoaufschlag erhoben. Obendrein werden sogar langfristige Kredite an inländische Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu 500 Millionen Euro von teuren Eigenkapitalzuschlägen verschont. Die endgültige Fassung von Basel II soll im Dezember 2003 vorliegen und Ende 2006 in Kraft treten.

Freude herrschte gestern beim Deutschen Industrie- und Handelstag sowie beim Zentralverband des deutschen Handwerks. Denn für Schneider, Werkzeugmacher und Computerhändler, ist mit der Aufweichung von Basel II das Schlimmste verhindert worden. Allerdings sind Kredite für Mittelständler von privaten Banken auch jetzt schon schwer zu bekommen und von der Sparkasse oft zu teuer. Die Folgen sind Firmensterben und die fehlende Lust am Existenzgründerdasein. Im ersten Quartal sanken die Gewerbeanmeldungen in Deutschland um 5,8 Prozent – auch ohne Basel II. HERMANNUS PFEIFFER

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