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Ein einheitliches Bildungssystem gibt es längst nicht mehr

Viele Bildungsreformer wollen, dass der Bund in der Schulpolitik stärker mitredet. Das ist der Trumpf, mit dem Kanzler Gerhard Schröder die Angriffe aus Bayern parieren will

BERLIN taz ■ Es ist die Fortsetzung des heiligen Kriegs um die Schule. Als es in den 70er-Jahren um die Gesamtschule ging, bescherte die SPD dem Land einen Bildungsplan nach dem anderen – und die Union schickte protestierende Eltern als Hilfstruppen ins Gefecht. Resultat war die höchst widersprüchliche Schulstruktur, die es heute in Deutschland gibt. Insgesamt elf Schulformen finden sich. Die Forscher sagen: Von einem einheitlichen Bildungssystem kann man nicht mehr sprechen.

Nach der Pisa-Studie stehen sich die Sozialdemokraten und die CDU wieder spinnefeind gegenüber. Die Union pocht darauf, sie habe in den Siebzigern mit ihrem Anspruch auf die „Leistungsschule“ Recht gehabt. Die CDU-regierten Bundesländer hätten bei Pisa besser abgeschnitten, weil dort „Tugenden wie Fleiß, Disziplin und Leistungsbereitschaft“ noch etwas gälten, sagt Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU).

Derweil leiden die Sozialdemokraten darunter, dass sie ihr wichtigstes Ziel nicht erreicht haben: Chancengleichheit herzustellen. Die Leseleistungen der 15-Jährigen sind gerade in SPD-regierten Ländern stark abhängig von der sozialen Herkunft. Dennoch geben die Genossen ihr Ziel nicht auf. „Die Pisa-Studie stellt fest, dass wir zu früh selektieren“, sagt Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), „mit der Folge, dass Kinder aus bildungsfernen Schichten schwerer Zugang zu hohen Schulen finden. Das müssen wir ändern.“

So laut die beiden Spitzenkandidaten im Wahlkampf auch streiten – bei den bildungspolitischen Konzepten sind die Unterschiede in Wahrheit marginal. Lauthals wird über Fragen gestritten, bei denen sich eigentlich alle einig sind. Die Formel etwa, man müsse Schulkinder „fördern und fordern“, steht in allen Parteiprogrammen – von der CDU bis hinüber zu den Grünen.

Auch die heftige Debatte über Bildungsstandards, die derzeit tobt, ist scheinheilig: Alle Parteien wollen verbindlich festlegen, welche Kompetenzen Schüler einer bestimmten Klassenstufe beherrschen müssen – sonst machen überregionale Vergleichstests auch gar keinen Sinn. Unklar ist nur, wer über diese Standards künftig bestimmen soll. Weil die Konferenz der Kultusminister so langsam arbeitet, sind nicht wenige Bildungsreformer dafür, dass der Bund künftig mehr Druck macht. Das ist der Trumpf, mit dem die SPD stechen will.

Interessanter ist, wozu die Parteien fast keine Aussagen machen: zum Unterricht selbst. Über Lernkultur oder Lehrpläne schweigen die Wahlprogramme. Dabei sind das die Felder, auf denen die Deutschen den größten Nachholbedarf haben. CHRISTIAN FÜLLER

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