: Rücktritt auf Raten
Wuppertaler OB Kremendahl reagiert auf drohendes Disziplinarverfahren, indem er sich selbst beurlaubt
WUPPERTAL taz ■ Seit Monaten steht er unter Beschuss, nun hat Hans Kremendahl das erste Mal gezuckt. Gestern Nachmittag übergab der unter dem Verdacht der Vorteilsnahme stehende Wuppertaler Oberbürgermeister die Amtsgeschäfte an seine beiden christdemokratischen Stellvertreter, Bürgermeister Peter Jung und Stadtdirektor Johannes Slawig. Von einem Rücktritt will der 53 Jahre alte Sozialdemokrat allerdings nichts wissen: „Ich werde schlicht und ergreifend Urlaub nehmen.“
Damit reagierte Kremendahl auf die Ankündigung der Düsseldorfer Bezirksregierung, ein förmliches Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten. Sein Anwalt Sven Thomas erklärte, er werde die vom Regierungspräsidenten Jürgen Büssow (SPD) eingeräumte 14-Tage-Frist zur Vorlage entlastender Beweismittel nutzen, um die drohende Suspendierung Kremendahls abzuwenden.
Seit die Wuppertaler Staatsanwaltschaft am Montag Anklage gegen Kremendahl erhoben hat, stieg der Druck auf ihn. Er wird verdächtigt, 1999 im Kommunalwahlkampf durch die Entgegennahme einer im SPD-Rechenschaftsbericht in mehrere Tranchen gestückelten 500.000-Mark-Spende des ebenfalls angeklagten Uwe Clees gegen Strafgesetze verstoßen zu haben. Der Wülfrather Bauunternehmer soll im Gegenzug bei der Vergabe von städtischen Hochbauaufträgen bevorzugt worden sein.
Nachdem bereits SPD-Landeschef Harald Schartau hatte wissen lassen, dass „der Kampf um seine Reputation aus einer anderen Position geführt werden muss als aus dem Amt des Oberbürgermeisters“, äußerte sich gestern auch Ministerpräsident Wolfgang Clement: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass man unter diesem Verdacht sein Amt unvereingenommen ausüben kann“. PASCAL BEUCKER
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