: Wasser sehen, am Wasser sitzen
Der Jungfernstieg soll wieder schön werden. Architektenwettbewerb zur Umgestaltung entschieden
von SVEN-MICHAEL VEIT
Wenn der Bürgermeister etwas anpreisen will, kann er endlos fabulieren. Dann sprudelt Ole von Beust minutenlang nur so vor Begriffen wie „große Chance“, „architektonisch attraktiv“, „ursprünglicher Charme“ oder „wunderschönes Ensemble“. So auch gestern bei der Präsentation des Architektenwettbewerbs zur Neugestaltung des Jungfernstieges. Dabei hätte es der vielen Worte kaum bedurft. Denn der Siegerentwurf ist überzeugend.
Auf der gesamten Länge der Wasserseite wird der Alsteranleger zu Sitztreppen unter Linden umgebaut und von den beiden Betonburgen aus den 70er Jahren befreit. Die U-Bahn-Eingänge werden dezent verglast, als einziges Bauwerk bleibt der Alsterpavillon erhalten: So „einfach“ dieser Gemeinschaftsentwurf des Architektenteams Poitiers und WES + Partner ist, so „präzise und raffiniert“ sei er zugleich, schwärmt Oberbaudirektor Jörn Walter. Auf dem ehemaligen Prachtboulevard werde „ordentlich aufgeräumt“, freut sich Hamburgs Chef-Stadtplaner. Ihm werde damit bis spätestens 2005, so der Zeitplan, der Charakter der Flaniermeile zurückgegeben, den die Bausünden vergangener Jahrzehnte vernichtet hatten.
„Das Wasser sehen und am Wasser sitzen“ seien die Stärken des Entwurfs, bekräftigt auch der Düsseldorfer Architekt Christoph Ingenhoven, Mitglied der Jury, die am Donnerstagabend zu einer einstimmigen Entscheidung gekommen war. „Unprätentiös und in großer Schlichtheit“ betone diese Gestaltung „den Ort, an dem Hamburg Kraft braucht und seine Kraft signalisiert“.
Überzeugend an der Planung ist zudem, dass der Straßenraum nicht vergrößert wird. Der Mittelstreifen entfällt zugunsten einer Verbreiterung der Promenierfläche um fünf Meter, lediglich die Bäume auf der bebauten Seite müssen weichen. „Ein gewisses Problem“, räumen Walter und Ingenhoven ein, aber dafür würden an der Wasserseite zusätzliche Linden so gepflanzt, dass die Blickachsen auf die Alster und vom Wasser auf die „Fassadenästhetik“ nicht verstellt sind. Auch die GAL hat nicht so recht was auszusetzen. Mehr Bäume und mehr Platz zum Flanieren und Genießen hält die Abgeordnete Antje Möller „für eine gute Entscheidung“.
Bis zum Monatsende wollen nun Baubehörde und die Stiftung „Lebendige Stadt“, die den Wettbewerb finanziert hat, ein Sponsorenkonzept erstellen. Denn die bis zu zehn Millionen Euro Kosten für den Umbau, so Stiftungsvorstand Andreas Mattner, sollen von „Mäzenen“ aufgebracht werden. Um den Jungfernstieg wieder zu „Visitenkarte“ zu machen, so Mattner, „ist nun Gemeinsinn gefragt“.
Ausstellung der Entwürfe: Handelskammer, Adolphsplatz 1, mo. - fr. 10 - 17 Uhr, sa. und so. 10 - 15 Uhr
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