: Ruhe an der Kita-Front
Lange legt Bewilligungskriterien fest: Statt nach Alter des Kindes werden Plätze nach Wartezeit vergeben. Kein Abbau von Krippenplätzen.
von KAIJA KUTTER
Nach den Schulen auch noch Ärger an einer zweiten Front, dass muss nicht sein, wird sich Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) gedacht haben: Gestern legte er die „Bewilligungskriterien“ für das ab August 2003 geplante Kita-Gutscheinsystem öffentlich fest. Einen Abbau von Krippenplätzen, wie ihn Kita-Träger öffentlich beklagten, soll es demnach nicht geben. „Was in der Presse berichtet wurde, ist schlicht falsch“, sagte der Senator. Der Plan, die Plätze nach Alter des Kindes zu vergeben, würde nicht weiter verfolgt.
Welches Kind bekommt nach welcher Rangfolge einen Kita-Platz, wenn es nicht genügend gibt? Diese Frage beherrschte drei Jahre lang die Kita-Card-Diskussion und brachte die SPD zu dem Wahlversprechen, massiv Plätze auszubauen. Doch dafür hat Lange keine Geld. Das Modell, für das er sich nun entschied, ähnelt weitgehend der bestehenden Platzvergabe-Hie-rarchie (siehe Kasten).
Erfreulich: Frühere Planspiele, nach denen Frauen gut verdienender Partner das Nachsehen haben, finden sich hier nicht wieder. „Es ist unser Ziel, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern“, bekräftigte Lange. Allerdings haben Mütter ohne Job ganz schlechte Karten: Das Kriterium „Arbeitsuche“ steht auf dem letzten Platz. Auch sind die Kriterien noch nicht definitiv. So wird im Oktober eine neue Bedarfserhebung erwartet, die auch die abschreckende Wirkung von Kita-Gebühren ausloten soll. Es kann sein dass dann nochmal „nachgesteuert“ wird.
Eine grobe Schätzung, wie viele Plätze in Hamburg fehlen, wollte er gestern nicht abgeben. „Das ist ein schwieriges Feld“, sagte sein Kita-Abteilungsleiter Jürgen Näther. Die zwei Jahre alte Iska-Studie sprach von fehlenden 16.000 Plätzen.
Nach den Kriterien 1 bis 4 (siehe Kasten), die auch die große Gruppe derjenigen einschließen, die bereits einen Platz haben, werde man sicher einen Gutschein bekommen, sagte Lange. Berufstätige Eltern, die erstmals einen Platz beantragen, müssen dagegen mit Wartezeit rechnen. Lange: „Hier werden wir nicht alle, die gern wollen, bedienen können.“ Innerhalb dieser Gruppe sollen „Budgets“ verhindern, dass Hort und Krippenplätze abgebaut werden. Derzeit gibt es für 18 Prozent der Krippenkinder, für 93 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen und für 20 Prozent der Schulkinder einen Platz.
Er sei „zuversichtlich“, so sagte Lange, dass man mit dem neuen Kita-System eine bessere Versorgung hinbekomme und Wartezeiten „schneller abbauen kann“.
SPD-Politiker Thomas Böwer übte indes scharfe Kritik am Wartelistenprinzip: „Wenn Sie heute einen Job angeboten bekommen, brauchen Sie sofort den Kita-Platz. Da darf es keine Planungsunsicherheit geben.“ Die „Herrenriege“ im Senat müsste erst schwanger werden, bevor Kinderbetreuung den Rang bekommt, der ihr zusteht.
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