: Öko-Look kein Naturgesetz
2. Phase der „Biologischen Forschungsstation Alster“: Künstler wollen Sehgewohnheiten hinterfragen
Ob in der Außenalster wirklich mehr Plankton schwimmt als im Herrengrabenfleet – die Versuchsreihen der kommenden Wochen werden es zeigen: Seit Sonnabend hat die Schute des Kunstprojekts „Biologische Forschungsstation Alster“ – seit dem 1. Juni am Herrengrabenfleet platziert – ihren zweiten Liegeplatz an der Außenalster eingenommen; Initiator der Aktion, die noch bis 30. September läuft, ist der amerikanische Künstler Mark Dion.
Forschung und Kunst will er in seinem Projekt verbinden, will besagte Planktonmengen an Herrengrabenfleet und Außenalster vergleichen. Der Außenalster-Liegeplatz sei Wunsch der Biologen im Team gewesen, sagt Künstler Till Krause, und obwohl vieles schon erforscht sei, solle in den kommenden Monaten eine Plankton-Probenreihe für das hydrologische Institut durchgeführt werden.
Parallel wird es weiter Zeichenkurse, Naturführungen und Mikroskoparbeit geben, wobei die Grenzen zwischen den Gattungen fließend sind: „Vor allem möchten wir – und das zeigen die in den Kursen gemalten Bilder sehr gut – herausfinden, welche Vorstellungen von der Alster kursieren“, sagt Krause. „Wir möchten ergründen, welcher Teil solcher Klischees gesellschaftsgemacht und welcher persönlichkeitsbedingt ist.“ Die Führungen sollen zudem die Aufmerksamkeit auf Details lenken, die meist wenig beachtet werden. „Bei einer Kartierung des Platzes am Wasser am Herrengrabenfleet haben die Kinder zum Beispiel – natürlich – nicht nur Pflanzen in den Mauerritzen gefunden, sondern auch menschengemachten Müll. Und an der Außenalster wollen wir einerseits den pH-Wert messen und andererseits Spuren der Übernutzung auf abseitigen Wiesen finden.“
Trotzdem – schlicht moralisieren wollen die Künstler nicht: „Wir werten nicht, sondern betrachten Natur und Kultur als gleichberechtigte Phänomene“, sagt Krause. Und an genau dieser Stelle setzt die Fokussierung auf die Ästhetik gängigen ökologischen Gestaltens ein, die das Team am stärksten interessiert. „Es stellt sich die Frage, ob Höhe und Anordnung etwa des Schilfgrases die einzig mögliche ästhetische Variante ökologischer Uferbepflanzung darstellt“, sagt Krause, ohne postwendend Antworten parat zu haben. „Aber vielleicht könnte Ökologie auch anders als in der derzeit praktizierten, halbherzigen Form daherkommen.“ Als Impulsgeber für neue Konzepte könntenVersuche dienen, die Künstler bereits andernorts durchführen konnten.
Krause möchte zudem Seh-Erwartungen in puncto Öko-Look offenzulegen. „Hier kann die Analyse historischer Parkbilder helfen, mit deren Hilfe sich eventuell auch neue Formen entwickeln lassen, die dem gegenwärtigen Stand der Dinge angemessen sind und den Kontrast zwischen Stadt und Ökologie hinreichend deutlich machen.“
Petra Schellen
Öffnungszeiten der Forschungsstation (Ecke Harvestehuder Weg / Sophienterrasse): Mi + Fr, 15–19 Uhr, Sa + So 12–15 Uhr; bis 30. September. Information unter www.schute-hamburg.de
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