Weniger Lizenzgebühren, dafür mehr Sicherheit

Mircosoft verprellt seine Kunden in der Industrie und Verwaltung: Immer öfter werden dort die Computersysteme auf freie Software umgestellt

Das Geschäftsmodell der „Open Source“ scheint die Krise der IT-Branche gut zu überleben. Lizenzfreie Programme – an erster Stelle das Betriebssystem Linux – gehören heute zum Alltag vor allem in deutschen Unternehmen. Die Berliner Studiengruppe „Berlecon Research“ hat in Großbritannien, Schweden und Deutschland insgesamt 395 „IT-Entscheider“ in Firmen und öffentlichen Verwaltungen befragt. Die Ergebnisse sind unter www.berlecon.de kostenlos abrufbar. Danach setzen 43,7 Prozent deutscher Betriebe und Institutionen mit mindestens 100 Mitarbeitern wenigstens zum Teil Open-Source-Programme ein – Software also, deren Quellcode frei zugänglich ist.

Die Anteile in Großbritannien (31,5 Prozent) und Schweden (17,7 Prozent) sind kleiner. Nicht im privaten Haushalt, wohl aber in den Betrieben hat Microsoft damit auch in diesen Ländern eine ernsthafte Konkurrenz erhalten. 31 Prozent der untersuchten Einrichtungen nutzen Linux als Serversystem in ihren Hausnetzen – auf den Arbeitsplätzen selbst allerdings ist nur in sieben Prozent der Fälle irgend eine Version eines freien Desktop installiert. Für die unmittelbaren Anwender ist die Vorherrschaft des Microsoft-Windows-PC auch im Büro ungebrochen.

In der betrieblichen Praxis scheint damit der Grundsatzstreit zwischen linzengeschützter, kommerzieller Software und der Szene der freien Entwickler einer mehr oder weniger friedlichen Koexistenz gewichen zu sein. Die EDV-Abteilungen nutzen für sich die Vorteile der Open Source, die anderen Angestellten müssen deswegen nicht auf die gewohnte Arbeitsoberfläche verzichten. Ernüchternd pragmatisch klingen aber auch die Begründungen für den Umstieg auf freie Software. Die kreative Möglichkeit, den Quellcode an die eigenen Bedürfnisse anzupassen, ist kaum je ein entscheidendes Argument. An erster Stelle, fand die Studiengruppe heraus, steht die Annahme, freie Software sei stabiler und besser gegen unberechtige Zugriffe von außen abzusichern.

Allein schon notorische Sicherheitsprobleme von Windows scheinen professionelle Anwender nach einer Alternative greifen zu lassen. Das oft vorgetragene Argument dagegen, dass Programme, die prinzipell öffentlich zugänglich sind, kaum hinreichende Sicherheit bieten könnten, überzeugt die EDV-Abteilungen immer weniger. Die Gemeinde der freien Entwickler genießt höheres Vertrauen als die Mitarbeiter von Microsoft, die im Notfall allein befugt wären, ein firmenspezifisches Sicherheitsproblem zu lösen.

Hinzu kommen die nicht weniger berüchtigten Geschäftspraktiken von Microsoft. An zweiter Stelle der Argumente für freie Software nennen die Befragten schlicht „Kostenersparnis“. Diese „Motivation gewinnt derzeit noch an Bedeutung“, sagt Thorsten Wichmann, der Leiter der Studiengruppe – schuld daran seien auch die veränderten Lizenzbedingungen für die neuesten Windows-Versionen.niklaus@taz.de