piwik no script img

Erleuchtung für die Ökumene

Mit Werbeplakaten wollen evangelische und katholische Kirche ihre Schäfchen zum ersten ökumenischen Kirchentag 2003 nach Berlin locken. Doch trotz des schönen Scheins müssen die Christen das Abendmahl nach Konfession getrennt feiern

von SUSANNE VANGEROW

Die junge Frau blickt suchend in die Zukunft. Lila hebt sich ihre Bluse vom grünen Hintergrund ab. Über ihr strahlt ein runder Deckenleuchter wie ein Heiligenschein sieht. Mit diesem und drei weiteren Plakatmotiven wollen der Deutsche Evangelische Kirchentag (DEKT) und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) für den ersten ökumenischen Kirchentag werben, der vom 28. Mai bis zum 1. Juni nächsten Jahres in Berlin stattfinden wird. „Zum ersten Mal in unserer Geschichte werden wir gemeinsam Zeugnis ablegen von unserem Glauben“, verkündet ZdK-Präsident Hans Joachim Meyer. Auch wolle man den Willen zum Ausdruck bringen, teilzuhaben an der Gestaltung der modernen Welt.

Um die Schäfchen zusammenzutrommeln hat man die Berliner Werbeagentur Scholz & Friends beauftragt. Die fanden das Leitwort – „Ihr sollt ein Segen sein“ – unter dem der Kirchentag laufen soll, erst etwas sperrig. „Aber dann haben wir Charme gesehen in einer Kombination von strengem Kirchendeutsch und und visueller Umsetzung“, sagt Stefanie Wurst von Scholz & Friends. Die Idee mit den Heiligenscheinen war geboren. Auf den Plakaten, die deutschlandweit ausgehängt werden sollen, sind Menschen in alltäglichen Situationen abgebildet. Alltägliche Heiligenscheine schwirren über ihren Köpfen. „Segen spielt sich in ganz normalen Situationen ab“, sagt die evangelische Präsidentin Elisabeth Raiser, „beim Zuhören etwa“. Die Plakate zeigt Kneipenbesucher im Gespräch oder eine ältere Frau auf ihrem Balkon, alle wie zufällig erleuchtet. „Jeder gehört zu der Gemeinschaft der Heiligen“, erklärt Raiser. Mit der Kampagne wolle man gerade auch die Kirchenfremden ansprechen.

Die evangelische Kirche hat sich zum ersten Mal an eine Webeagentur gewandt. Die Katholiken sind diesen Weg nun schon dreimal gegangen. „Weil das Projekt so interessant war, haben wir für ein niedrigeres Budget gearbeitet“, verrät Wurst. „Insgesamt“, sagt der evangelische Pressesprecher Rüdiger Runge, „kommt uns die Öffentlichkeitsarbeit auf zirka eine Million Euro.“

Wenn alles klappt, werden mehr als 100.000 TeilnehmerInnen auf dem ökumenischen Kirchentag erwartet. Gemeinsam werden sie dann ihre Gottesdienste begehen, nur das Abendmahl muss getrennt eingenommen werden. Die Katholiken wollen mit ihrer Tradition nicht brechen, indem sie Leute anderer Konfessionen zu der heiligen Handlung einladen. Der katholische Präsident Meyer bedauert das zwar, fürchtet aber, bei einem ökumenischen Abendmahl, eine Spaltung der katholischen Gemeinde. Und dass will man ja auf dem Kirchentag vermeiden, wenn endlich Christen aller Konfessionen vereint sind.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen