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berliner szenen Kiffer vom Lande

Rasta ohne Dope

Wie bereits in einschlägigen Büchern nachzulesen ist, bietet die Schönhauser Allee genug Anlass für Geschichten. Man muss sie nur entlangspazieren und notfalls einen Moment spähen, warten, innehalten. An der Kreuzung zur Eberswalder Straße zum Beispiel. Da, wo sich eine Bank befindet: Die Ampel zeigt rot. Menschen warten still vor sich hinschweigend in Gruppen auf das bewegte Ampelmännchen.

Etwas abseits stehen vier junge Typen beieinander. Die vielleicht Fünfzehnjährigen diskutieren lebhaft. „Wo kriegen wir bloß was zu rauchen her?“ Da können alle nur die Schultern zucken. Doch plötzlich naht vermeintliche Rettung: Ein junger Mann mit schwarzer Hautfarbe und Rastalocken kommt auf die Bank zu. Die vier Jungs, in ihren viel zu weiten T-Shirts und Hosen, wittern die große Chance. Wagemutig setzen sie sich in Bewegung und erwischen den Mittzwanziger an der Tür zum Geldinstitut. „He“, spricht einer der Jungs ihn mit zitternder Stimme an, „kann ich dich mal was fragen?“ Klar, darf er das. Berliner sind ja an sich hilfsbereite Wesen. Schon hat der Befragte ein Lächeln auf den Lippen – das ihm schnell vergeht. Denn die Pubertierenden wollen wissen, ob er vielleicht Dope verkauft. Das macht er nicht. Im Gegenteil. Der Rastalocken-Träger flippt regelrecht aus. „Nur weil ich schwarz bin, bin ich noch lange kein Dealer“, klärt er die verdutzt dreinblickenden Jugendlichen auf, „nicht jeder Schwarze verkauft hier automatisch Drogen.“ Die vier Möchtegernkiffer scheinen jetzt peinlich berührt. „Wir dachten ja nur …“, stammelt einer. Bevor er in die Bankfiliale verschwindet, fragt der schwarze Nichtdealer noch schnell, wo die unwissenden Jungs eigentlich herkommen. „Aus Neuruppin.“

ANDREAS HERGETH

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