piwik no script img

Ekéus attackiert USA

Der ehemalige Chef der UN-Waffeninspektionen im Irak wirft der Regierung in Washington Instrumentalisierung für politische Zwecke vor

STOCKHOLM taz ■ Die Kritik des Irak an einer missbräuchlichen Ausnutzung der UN-Waffeninspektionen ist teilweise gerechtfertigt. Die Inspekteure seien von den USA veranlasst worden, auch jenseits ihres eigentlichen Auftrags aktiv zu werden. Sie hätten regelrechte Spionageaufträge bekommen und seien sogar eingesetzt worden, um Spannungen zu schaffen. Diese schweren Vorwürfe erhob der ehemalige Chef der UN-Waffeninspektionen im Irak, der schwedische Diplomat Rolf Ekéus, am Sonntag in einem Interview mit dem schwedischen Rundfunk.

Ekéus, der das Amt von 1991 bis 1997 innehatte, berichtete von zahlreichen Versuchen gezielter politischer Einflussnahme von Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats, besonders aber der USA, auf die Inspektionen. In seiner Amtszeit seien diese Einflussversuche gestoppt worden, behauptet Ekéus, obwohl es stetigen und zunehmenden Druck gegeben habe. Nach 1997 habe es aber zahlreiche „zweifelhafte Inspektionen“ gegeben. Ekéus Nachfolger Richard Butler war vom Irak mehrfach der Spionage für die USA beschuldigt worden.

Die Äußerungen von Ekéus lassen diese Vorwürfe in neuem Licht erscheinen. Er nennt in dem Interview drei Beispiele: Die Inspektoren hätten herausfinden sollen, wie der irakische Geheimdienst organisiert sei, sie sollten auch die konventionellen Streitkräfte auskundschaften sowie die Aufenthaltsorte von Präsident Saddam Hussein melden.

Teilweise seien die Inspektionen gezielt eingesetzt worden, um für Spannung oder Entspannung zwischen dem Irak und der UNO beziehungsweise den USA zu sorgen. Hier nannte Ekéus den Wunsch nach einer Inspektion des irakischen Verteidigungsministeriums und anderer Behörden, die seiner Auffassung nach nicht vom UN-Mandat gedeckt gewesen seien. Solche „kontroversiellen Aufträge“ hätten dazu gedient, den Irak zu provozieren. Ekéus Enthüllungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem neue Verhandlungen zwischen dem Irak und der UNO über eine Aufhebung der Handelssanktionen und einer Rückkehr der Inspektoren zur Kontrolle des irakischen Waffenarsenals laufen.

REINHARD WOLFF

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen