Ein blasser Typ, der rechnen kann

Der neue Konzernchef Gunter Thielen hat den Druckereibereich erfolgreich geführt, gilt aber als schlechter Selbstvermarkter

BERLIN taz ■ Über Missgriffe des neuen Bertelsmann-Chefs Gunter Thielen haben die Annalen des Konzerns nichts zu berichten. Unter seiner Leitung wuchs der traditionelle Druckerei- und Industriebereich stetig.

Nicht auf gigantischen Gewinnsteigerungen beruht Thielens starke Stellung im Unternehmen. Eher ist es ein bescheidener, aber beständiger ökonomischer Erfolg, der ihm das Wohlwollen und die Unterstützung des Firmenpatriarchen Reinhard Mohn eingetragen hat. Seit Thielens Amtsantritt als Vorstand für Industrie und Druckerei 1985 stieg der Umsatz dort von umgerechnet rund 750 Millionen Euro auf fast drei Milliarden Euro. Der Gewinn nahm von 65 Millionen auf rund 140 Millionen Euro zu. Der promovierte Maschinenbauer ließ rationellere Druckereitechniken einführen und hielt die Mohn Media GmbH an der Spitze der technischen Entwicklung. Die 1986 gekaufte US-Druckerei Doubleday produziert rund 40 Prozent aller Taschenbücher, die in den USA verkauft werden.

Der 59-jährige Thielen begann seinen beruflichen Werdegang 1970 beim Chemiekonzern BASF. Seit 1980 ist er bei Bertelsmann. Im Oktober vergangenen Jahres verschaffte ihm Reinhard Mohn bereits die leitenden Posten in der Bertelsmann-Stiftung und der Verwaltungsgesellschaft, die die entscheidenden Kapital- und Stimmanteile im Konzern halten. Der Aufstieg des gebürtigen Saarländers vollzog sich ohne öffentliches Aufsehen. Das Manager-Magazin beschreibt Thielen als „miserablen Selbstvermarkter“ und „blassen Typen“.

Gunter Thielen hat mit seiner Frau Ulla, die er seit der Schulzeit kennt, einen Sohn und eine Tochter. Neben seinem Hauptjob bei Bertelsmann gehören Thielen Anteile an einer Fleischwarenfabrik im Saarland, die aus der Familie seiner Frau stammt.

HANNES KOCH