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Affäre zieht neue Kreise

Telekom-Privatisierung: Lobbyist Hunzinger soll sich auch im Bundeskanzleramt für Bankhaus eingesetzt haben

STUTTGART ap ■ Der Lobbyist Moritz Hunzinger hat offenbar versucht, auf konkrete politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Wie der Südwestrundfunk gestern berichtete, soll er sich bei der anstehenden Privatisierung der Telekom im Jahr 1994 direkt an den damaligen Bundeskanzleramtschef Friedrich Bohl gewandt haben. In einem Schreiben Hunzingers an Bohl hieß es, „wir sprachen, vermittelt von unserem … Freund Michael Jung MdB, …, über meine Interessen bei der Telekom-Privatisierung. Dabei lernten Sie auch den Chef des Hauses Kleinwort Benson, Herrn Borggreve, kennen.“

Zum damaligen Zeitpunkt sei noch nicht endgültig geklärt gewesen, welche Banken die künftigen Telekom-Aktien platzieren dürften. Wer mit im Spiel war, konnte Millionen an Provisionen verdienen. Die Entscheidung darüber habe Exkanzler Helmut Kohl zur Chefsache erklärt. Das Büro von Kohl dementierte diese Aussage gestern kategorisch. Pikanterie am Rande: Bei dem damaligen Chef des Bankhauses Kleinwort Benson, Herrn Borggreve, handelte es sich laut SWR um den Ex-Ehemann von Gräfin Pilati-Borggreve, der heutigen Lebensgefährtin von Rudolf Scharping. Die Rechtsanwältin vertrat Brigitte Baumeister in der CDU-Spendenaffäre.

Exakt zwei Tage nach dem Schreiben Hunzingers wandte sich Baumeister als parlamentarische Geschäftsführerin in derselben Angelegenheit an Bohl. In einem Schreiben hieß es laut SWR: „Bezüglich des Privatisierungskonsortiums bei der Telekom möchte ich Ihnen das Unternehmen Kleinwort Benson empfehlen. (…) Ich bitte Sie, die Firma Kleinwort Benson im Rahmen des Möglichen angemessen zu berücksichtigen.“ Baumeister bestätigte, sie sei bei Veranstaltungen Hunzingers dabei gewesen, sie habe jedoch keinerlei Honorar von Hunzinger erhalten.

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