: Bonjour Tristesse
Das Leben ist dem Finnen ein Blues: glücklicherweise. Denn die Lieder von 22 Pistepirkko würden einem ansonsten doch fehlen
Die zwei, drei Dinge, die man von den Finnen weiß, hat man bestimmt in einem Kaurismäki-Film gesehen: wo die Menschen maulfaul um den Tisch herumsitzen und den landestypischen Vergnügungen nachgehen. Also Alkohol in konzentrierter Form in sich hineinschütten und zwischendurch seufzen die Menschen kurz auf. Sagen aber immer noch nichts. Tristesse in Schwarzweiß. Man muss sich die Finnen aber dabei einfach als glückliche Menschen vorstellen. Begünstigte des Polarlichts, die sich solche Filme im Normalprogramm der Kinos anschauen dürfen und daheim dann der besten Musik des Planeten am Radiogerät lauschen. Natürlich kommt die gleichfalls aus eigener Produktion: Denn wie Aki Kaurismäki eine eigene verschrobene Neuformulierung des Film noir geschaffen hat, gibt es im Land gleich mehrere Handvoll an Bands, die die Musik mit Sixties-Antrieb selbstsicher frisch definieren, die überhaupt nicht in der Retroschublade verscharrt werden kann. Larry and the Lefthanded, die Flamin’ Sideburns. Ganz oben die famosen 22 Pistepirkko. Einstmals haben die in ihrer Heimatregion Oulujokilaakso als schnellste Ramones-Copy-Band around angefangen und waren davon dann auch schnell gelangweilt. Also haben sie einfach noch einmal etwas gemächlicher die Musikgeschichte vom Baumwollpflückerfeld weg neu aufgerollt, und weil der Genosse Blues da angeregt auch mit der Beatbox plappern darf, muss niemand Angst haben, dass das nach Stevie Ray Vaughan klingen könnte. Eher fällt einem zu den herrlich melancholischen Hymnen, die einem Pistepirkko-Sänger PK Keränen mitten ins Herzen singt, Beck ein, der verschroben finnischste Musiker unter den Nichtfinnen. Im Vorprogramm spielen Delaware aus Norwegen, weiteres glückliches Land unterm Nordkap. Mit der zweitbesten Musik, so zwischen Motorpsycho und Madrugada, des Planeten.
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