: Sicherheit nur ohne HEW
Nach Störfall im AKW Brunsbüttel heftige Kritik von Atomgegnern. BUND und Robin Wood fordern die endgültige Abschaltung des Kraftwerks
Sybille Macht-Baumgarten scheint ratlos: „Was muss eigentlich noch alles passieren, damit dieser Schrottreaktor vom Netz genommen wird?“, fragt rhetorisch die Landesvorsitzende des BUND in Schleswig-Holstein. Um dann doch einen guten Tipp parat zu haben: Den Hamburgischen Electricitäts-Werken (HEW), Betreiber des Atomkraftwerkes an der Unterelbe, müsse „die Betriebsgenehmigung entzogen werden“. Genauso sieht das Bettina Dannheim: „Die Verschrottung“ des AKW, so die Energiereferentin von Robin Wood, sei „die einzig wirksame Risikominimierung.“
Mit solch harschen Tönen reagierten die beiden Umweltschutzverbände auf die Nachricht von einem lange unbemerkten Störfall im Reaktor. Vor etwa zehn Jahren soll eine Wasserstoffexplosion im Sicherheitsbehälter einen Rohrstutzen beschädigt haben, hatte das Energieministerium in Kiel am Montag mitgeteilt (taz berichtete gestern). Der Schaden sei erst jetzt bei einer Totalinspektion aufgefallen. Die Untersuchung hatte das Ministerium „mit massivem Druck“, so der grüne Staatssekretär Wilfried Voigt, gegen die HEW durchsetzen müssen, nachdem eine weitere Wasserstoffexplosion bekannt wurde, bei der eine Rohrleitung auf drei Meter Länge geborsten war.
Diese hatte sich am 14. Dezember vorigen Jahres ereignet, war der Aufsichtsbehörde aber erst mit zweimonatiger Verspätung gemeldet worden. Seit dem 18. Februar ist das AKW Brunsbüttel, zweitältester der vier Reaktoren in der Umgebung Hamburgs, vorläufig stillgelegt.
„Die Wahrheit kommt scheibchenweise ans Licht“, empört sich deshalb Robin Wood. Dass der Betreiber einen Störfall über zehn Jahre hinweg „übersehen oder vertuscht“ hätte, sei der Beweis, dass „auf Sicherheitsmanagement und Informationspolitik der HEW kein Verlass“ sei. Und dem BUND dränge sich „immer stärker der Verdacht auf, dass systematisch und mit geradezu krimineller Energie gefährliche Zwischenfälle ignoriert oder verharmlost wurden“.
Auch Hamburgs SPD-Fraktion geht nun auf schroffen Anti-Atom-Kurs. Der Reaktor müsse „endgültig vom Netz“, meint die Abgeordnete Monika Schaal. In einer Anfrage begehrt sie von Schills Umweltsenator Peter Rehaag, der qua Amt Mitglied des Aufsichtsrats der HEW ist, Auskunft darüber, „wie sicher ein unvollständiger Reaktor“ sei. Gute Frage, aber dass der Umweltsenatoren-Darsteller Rehaag sie beantworten kann, ist genauso sicher wie der Atommeiler.
sven-michael veit
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